■ Kommentar: Alle Hintern hoch!
„30.000 in Grohnde, 50.000 in Brokdorf, 60.000 in Kalkar, 140.000 in Hannover, 200.000 in Bonn.“ Zu Hochzeiten der Anti-Atom-Bewegung in den siebziger Jahren waren Zahlen ein wichtiger Mobilisierungsfaktor. Galt es doch, durch seine Teilnahme beim nächsten Mal die Zahl noch zu übertrumpfen. Und: Durch das Gefühl, viele zu sein, konnte die Kraft aufgebracht werden, die Frustration zu besiegen.
Inzwischen hat die Anti-Atombewegung die inhaltliche Auseinandersetzunng gewonnen. Nach Harrisburg und Tschernobyl hält kaum noch jemand Atomkraft für sicher und sinnvoll. Nur noch mit wirtschaftlichen Argumenten kann die Atomindustrie ihre Meiler vor dem Ausknipsen retten.
Dennoch gibt es keinen Grund für die KämpferInnen von damals, sich nun auszuruhen. Sicher, viele sind älter und gesetzter, der Sprößling wichtiger als wöchentliche BI-Treffs geworden. Wenn man sich aber ansieht, wie erfrischend junge SchülerInnen und Studenten die Auseinandersetzung um das Atomklo in Gorleben fortführen, – wenn auch in geringerer Zahl als früher –, ist es einfach falsch, sie allein zu lassen mit dem, was einst begonnen wurde. Denn im Konflikt ums Atomprogramm ist nun die entscheidende Phase eingeläutet worden. Ohne Atommüll-Lagerung keine Atomkraft. Also: LehrerInnen, Anwälte, Sozialarbeiter, InformatikerInnen und sonstige AKW-Alt-Linke: Bekommt Euren Hintern hoch! Träumt nicht von alten Zeiten, packt die Familie ein und fahrt ins Wendland. Eure Kids werden es Euch in zehn Jahren danken, wenn das Zwischenlager verhindert werden kann. Kai von Appen
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