piwik no script img

KommentarChance vertan

■ Kirche scheut Konflikt mit dem Staat

Der Tritt vors Schienbein schmerzt: Besonders, weil er von der zweithöchsten Instanz kommt, die ein evangelischer Christ in Deutschland über sich anerkennt. Denn was die EKD zum Thema Kirchenasyl erklärt hat, ist ein mehr oder weniger versteckter Rückzug der Kirche aus der Frage des Kirchenasyls. Hunderte von Gemeinden, die seit Jahren Menschen vor der Abschiebung in ihren Räumen letzte Zuflucht bieten, stehen damit auch in den Augen der Amtskirche als Gesetzesbrecherda.

Dabei hatte es so ausgesehen, als könne die Kirchenbasis ihre Oberhirten auf eine Linie gegen Willkür und Abschiebung festlegen. Katholische und evangelische Bischöfe hatten der Reihe nach erklärt, Kirchenasyl könne als letztes Mittel von Christen angeboten werden. Jetzt aber heißt es, die Maßnahmen dürften sich nicht gegen das bestehende Recht wenden.

Das weist nicht in Richtung einer Kirche, die sich mit den Schwächsten der Gesellschaft identifiziert. Es weist zurück in die Zeiten von Staatskirche und Untertanengeist. Die Kirchenasyl-Bewegung will sich politisch einmischen, was viele Menschen von der Kirche erwarten. Doch die EKD wollte den Krach mit dem Staat, der immerhin die Kirchensteuern einsammelt, nicht riskieren: Wieder einmal hat eine Kirche die Chance vertan, glaubwürdig zu handeln.(siehe Meldungsspalte) Bernhard Pötter

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen