Kommentar: Ist doch nur Schweiß
■ Aber Schimpfen muß erlaubt sein
JaJaJa, ich hab's gehört, in Bremen darf man über schönes Wetter nicht schimpfen. Wann ist's in Bremen denn schon mal heiß. Und ist doch bloß Schweiß.
Aber wenn man nicht mal mehr morgens erfahren darf, wie kühle Luft schmeckt. Weil's überhaupt keine Nacht gegeben hat. Nur randlose Hitze. Was soll man denn noch machen? Eh schon die Füße im eiswasser-gefüllten Abfalleimer, den Ventilator direkt vor den roten Augen, selbstverständlich höchste Drehzahl.
Das ganze soziale Leben kommt doch zum Erliegen. Wer mag sich denn noch die Hand geben? Selbst wenn man eine Minute zuvor im Aufzug zwei Tempos zwischen den Fingern eingenäßt hat. Erst recht wollen sich die Leute nicht mehr umarmen. Muß man ja Angst haben abzurutschen. „In glitschigen Teig zu fassen“, fällt der Kollege hysterisch ein. Daß Menschen wärmer sind als ihre Umgebung – bei 21 Grad ein Genuß. Bei 32 Grad eine Zumutung. Selbst lang erprobte Paare gehen auf Abstand: „Bloß nicht anfassen, sonst fangen auch noch meine Mückenstiche an zu schwären!“ Wie soll das nur bei 35 Grad werden? Wahrscheinlich schreiben sich die Menschen dann nur noch Zettel. Wenn man bedenkt, daß beim Sprechen bestimmt an die 47 Gesichtsmuskeln koordiniert werden müssen. Und woher die Luft nehmen? Ist doch keine mehr da.
Christine Holch
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