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KommentarWas wäre, wenn...

■ Wie die Sozialbehörde nicht reagierte

Der Asylbewerber Celal Akan muß eine Ahnung davon gehabt haben, wie bremische Behörden funktionieren. Er füllte eine Vollmacht aus, die es der Solidarischen Hilfe ermöglichte, nach seinem Tod die Akten einzusehen. Warum tat er das?

Am 26.Juni 1995 starb er. Die Behörde zeigte der Solidarischen Hilfe die Akten. Wochen vergingen, nichts passierte in der Behörde. Der verantwortliche Abteilungsleiter sei in Urlaub gewesen, entschuldigt sich der Staatsrat. Das stimmt nur halb: drei Wochen nach dem Tod kam er zurück aus dem Urlaub. Auch da passierte nichts.

Erst als der Fernseh-Journalist Willi Huismann, durch die Solidarische Hilfe informiert, den Staatsrat mit unerbittlichen Fragen bedrängte und in Rage brachte, muß dem etwas von der Dimension des Falles gedämmert sein. Er macht einen Vermerk in der Erwartung, daß „Panorama“ bundesweit seinen Fall ausstrahlt, und geht in Urlaub. Wieder vergehen Wochen.

Erst als die Solidarische Hilfe die anderen Medien informierte und den Fall parallel zur Panorama-Sendung „freigab“, bricht im Sozialressort dann ganz offiziell die Zeit der Nachdenklichkeit an und die des Bedauerns über den „erschreckenden und unerträglichen Fall“, wie Senatorin Tine Wischer formuliert. Die Frage, was wohl passiert wäre, wenn die Medien nicht den Fall aufgegriffen hätten, läßt sich schlicht beantworten: nichts. Dora Hartmann

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