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■ KommentarHochglanz-NS-Kult

Hitler-Büste fürs Wohnzimmer gefällig? Oder ein „antisemitischer Bierkrug“ zum Mindestgebot von 1200 Mark? Oder vielleicht „Jubilierfähnchen“ mit Hakenkreuzen? Wie bescheuert und verbohrt, irregeleitet und ewiggestrig muß mensch eigentlich sein, um sich für solche Objekte zu erwärmen? Vermutlich nicht halb so abgebrüht wie diejenigen, die den braunen Mist in „blumigen“ Worten anpreisen und tausendfach verkaufen. Doch Empörung, so verständlich sie angesichts des Angebots im „Hanseatischen Auktionshaus“ in Bad Oldesloe auch sein mag, hilft hier nicht weiter.

Zu fragen ist, wieso es heutzutage überhaupt noch möglich ist, solche Gegenstände zu verkaufen. An der Justiz – um diese Argumentationslinie gleich zu durchkreuzen – liegt es nicht, zumindest nicht ursächlich. Solchem Geschäftsgebahren nur mit Hilfe von Gesetzen oder Verboten beizukommen, ist zum Scheitern verurteilt. Sie können nicht mehr als flankierende Maßnahmen sein. Zudem ließen sich bislang immer Wege finden, um juristische Vorgaben zu umgehen.

Blieben noch Appelle an die Gesellschaft, Aufrufe zu Aufklärung und mehr Toleranz. Geschenkt – denn wie sollte plötzlich ein Ruck durch diese Republik gehen, durch eine, die in weiten Teilen solche Positionen sogar durchaus teilt, die als verfassungsfeindlich zu bekämpfen sind. Vielleicht spiegelt der Katalog des Auktionshauses die Stimmung im Lande klarer wider als Lichterketten oder Mahnwachen, wenn Rassismus auf Hochglanzpapier als PR-technisch perfekt konzipiertes Ressentiment auch 1995 noch problemlos per Katalog ins Haus kommt. Rutger Sand

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