■ Kommentar: Trotzköpfchens Problem
Wo bitte liegt das aktuelle Hafenstraßenproblem? Frustierte Bodenspekulanten? Quatsch: Billiges Wohnen mit Elbblick ist mittlerweile stadtentwicklungspolitischer Konsens von CDU bis PDS. Sozialneid? Unfug: Normale Sozialwohnungen kommen die SteuerzahlerInnen weit teurer als die Zuschüsse für Sanierung, Billigmieten und Billigverkauf ans Hafenstraßenkollektiv.
Nein, am Hafen gibt es keine Probleme. Im Gegenteil. Hier erfüllen sich Träume moderner Soziale-Brennpunkt-Politik: „Soziale Randgruppen“ wurden seßhaft, nahmen ihr Geschick in die eigenen Hände, zockten im Dialog mit der Stadt problemorientiert Sanierungskohle ab, organisierten gar einen eigenen Architektenentwurf und stabilisierten ganz nebenbei den Stadtteil. Kein Wunder, daß das aktuelle Vorschlagspaket „Kauf/Sanierung/Selbstverwaltung“ von Patriotischer Gesellschaft, Hafenstraßenplenum und Genossenschaft auf breite Begeisterung trifft.
Ein Problem hat allein die rechte SPD: Das Trotzköpfchen-Kartell Voscherau & Co verlangt mit seinem Investorenmodell eine symbolische Unterwerfung Richtung „Normalität“, die weder im Grundgesetz noch im Bürgerlichen Gesetzbuch eine Basis findet. Es ist einfach dumm, von privatem Kapital eine wirksame „Erziehung“ politisch aufmüpfiger Bewohner zu erwarten.
Trotzköpfchen sollte stattdessen den eingeschlagenen Weg zuende gehen und ein glasklares Genossenschaftsmodell verwirklichen. Dazu braucht Voscherau nicht einmal taz-Kommentare zu studieren. Ein kleiner Blick ins druckfrische „Rahmenkonzept Armutsbekämpfung“ des Senats reicht völlig aus. Dort heißt es treffend unter „Leitziele“: „Sichern von preiswertem Wohnraum und Fördern von lebenslagenorientierten Nachbarschaften z.B. durch die Unterstützung neuer Wohnformen im Quartier.“
Florian Marten
Siehe Bericht S. 5
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