■ Kommentar: Das Schulboot ist voll
Wenn ein armes Land wie Hamburg von Schein-HamburgerInnen und GastschülerInnen überschwemmt zu werden droht, ja, da muß sich der Senat einfach wehren: Europa auf, Landesgrenzen zu. Könnte man nicht Eltern, die sich bei der Oma in Hamburg anmelden, mit einer Schulpolizei zu Leibe rücken? Oder die erschlichenen Ausbildungsgelder zurückverlangen? Oder ausweisen?
Nach Voscheraus Arbeitsplatzpatriotismus hat Hamburg nun auch noch Raabs Schulpatriotismus vorzuweisen. Landesschulen für Landeskinder, Hamburg den Hamburgern.
Auch wenn Schulsenatorin Rosie Raab nicht unrecht damit hat, aus den verschuldeten Stadtkassen nicht die Schulausbildung von Kindern bezahlen zu wollen, deren Eltern anderswo Steuern zahlen, macht der „Schulkrieg“ doch deutlich, wie absurd Politik sein kann. Denn das Hin- und Herschieben von Kindern, die auf ihren 300 Metern Schulweg eine Landesgrenze überschreiten, ist Teil des allgemeinen Speckgürtelproblems – eine Steuerungerechtigkeit zu Lasten von Metropolen.
Doch daß Eltern ihre Kinder dort zur Schule schicken können, wo sie es für richtig halten, dürfte nicht von Verhandlungen abhängen. Was würde dagegen sprechen, gesetzlich festzulegen, daß die Bundesländer grundsätzlich für ihre Schulkinder Ausgleichszahlungen entrichten müssen, wenn sie im Nachbarland zur Schule gehen?
Der nun gefundene Kompromiß ist besser als gar keine Vereinbarung, wird aber nicht ausschließen können, daß auch künftig niedersächsische oder schleswig-holsteinische Schüler an der Landesgrenze zurückgewiesen werden können, wenn das Schulboot Hamburg voll ist.
Silke Mertins
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