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■ KommentarTretboot in Seenot

Gelegentlich kann Weitblick auch zum Nachteil gereichen. Der Bürgermeister zum Beispiel sieht es schon mit Grausen in den hanseatischen Geschichtsbüchern des 21. Jahrhunderts geschrieben: Er, Henning Voscherau, führte die Bezirksverwaltungsreform ein, die in den Abgrund von ewiger Wohnungsnot, Arbeitslosigkeit und Verarmung führte. Alle Bezirke erklärten sich zur Müllkippen-, Wohnsilo- und Industrieanlagenfreien Zone und der Standort Hamburg war für immer dahin. Doch zum Glück gibt es ja Kapitän Henning, der als Retter in der Not das Ruder herumriß.

So sähe er es gern geschrieben, denn so sieht er sich selbst. Doch für viele im Rathaus und in seiner eigenen Partei stellt sich die Frage einfacher: Was ist bloß in den Mann gefahren? Dreht er durch? Hat er das Maß verloren?

Daß der alte Hut Bezirksverwaltungsreform plötzlich Voscheraus Herzensangelegenheit geworden ist, kann keiner im Ernst glauben. Vor dem politischen Heldentum ist bei Voscherau die Abteilung Entscheidungsschwäche angesiedelt.

Der Erste Bürgermeister hatte lange genug Zeit, sich Gedanken über die Stärken und Schwächen der Reformpläne zu machen. Wenn es wirklich nur um Geld ginge, hätte das dem Finanzexperten Voscherau auch schon vor zwei Jahren auffallen müssen. Und ein Zentralist war er auch schon immer.

Aussitzen wollte er die Reformpläne – auch gegen die SPD-Mehrheit. In Ermangelung eines Kronprinzen starrt die SPD jetzt auf den Bürgermeister wie das Kaninchen auf die Schlange. Voscherau kann sicher sein: Gegen seinen Willen wird nichts entschieden, ob er will oder nicht. Silke Mertins

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