■ Kommentar: Lob der Normalität
Die Hamburger Polizeiführung darf sich diesen Kommentar gern an ihre Pinnwand hängen – selten genug gelingt es ihr, ein Lob von der taz zu erhaschen. Aber der ungewöhnlichen Zurückhaltung, mit der sie die Friedensdemonstration der KurdInnen in Hamburg begleitete, gebührt schon Anerkennung. Alles richtig gemacht, und deshalb alles perfekt gelaufen.
Doch daß dieses Lob ausgesprochen werden muß, stimmt bedenklich. Was in Hamburg passierte, muß eigentlich Normalität sein: Die Gewährung der im Grundgesetz verbrieften Demonstrationsfreiheit, eine enge Zusammenarbeit mit den VeranstalterInnen und eine Polizeitaktik, die jede Provokation und Eskalation vermeidet.
Nur daß die Polizeistrategen, vor allen bei den KurdInnenaufmärschen des vergangenen Jahres in Nordrhein-Westfalen, die Normalität aushebelten und damit die Regel zur Ausnahme machten, läßt die Hamburger Polizeiführung nun im hellen Licht dastehen. An sich hat sie nicht mehr und nicht weniger gemacht, als ihre Aufgaben sachgerecht zu erfüllen – heutzutage bei solchen Anlässen schon etwas ganz besonderes.
Der Verlauf der Demonstration zeigt überdeutlich: Die Mär vom stets gewaltbereiten Kurden, der nur prügelnd protestiert, gehört in den Papierkorb. Daß ein Volk, das in seiner Heimat ständig den Übergriffen der Staatsgewalt ausgeliefert ist, auf repressive Polizeistrategien empfindlich reagiert, ist unschwer zu verstehen. Das Hamburger Friedensfest hat den Zusammenhang zwischen Ursache und Wirkung wieder geradegerückt.
Es mag ein Modell sein für eine innerstaatliche Kurdenpolitik, der die Aufhebung des PKK-Verbots und eine Umkehr in der bundesdeutschen Türkeipolitik folgen müssen, damit das Normale wieder zur Normalität wird. Marco Carini
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