Kommentar: Alles clean
■ Junkies: aus den Augen, aus dem Sinn?
Erinnern wir uns an den Sommer vor drei Jahren, an den vor zwei Jahren: Wie die Stimmung im Viertel eskaliert ist; wie sich die Oster- und Steintorschen mit Zäunen gegen die offene Junkie-Szene verbarrikadierten; wie im heißen Sommer die Schwachen unter den Junkies umfielen wie die Fliegen. Erinnern wir uns an die beinharten Auseinandersetzungen zwischen AnwohnerInnen, Sozialsenatorin, DrogenpolitikerInnen, ob die Drogenberatung mitten im Viertel bleiben soll, ob das Viertel mehr Polizei braucht oder nicht.
Und jetzt? Es ist Ruhe eingekehrt rund ums Sielwalleck. Gut so. Gut so, daß uns das Thema nicht den ganzen Sommer über begleitet. Gut so für die Drogenberatung, die sich ihren KlientInnen entspannter widmen kann. Gut für die Junkies, die sich zwar über die Polizei aufregen – aber ernsthaft können sie die alten Zustände nicht mehr zurückhaben wollen. Erst recht gut für die Viertel-BewohnerInnen.
Und trotzdem scheinen sich die Befürchtungen der KritikerInnen der harten Linie zu bestätigen. Die Junkies sind zwar nicht aus den Augen, aber sie sind trotzdem aus dem Sinn der Öffentlichkeit. Das Viertel ist weit davon entfernt, ein Puppenstuben-Stadtteil zu werden. Die Lage ist entspannt, aber so positiv die Bilanz der letzten Jahre auch ausfallen mag, am Ende bleibt die bittere Erkenntnis: So lange nicht in den Vorgärten gefixt wird, so lange kann ruhig öffentlich weitergestorben werden. Jochen Grabler
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