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■ KommentarZwei Finger

„Eins plus eins gleich zwei“ rechnete Schulsenatorin Rosemarie Raab und kam zu dem Schluß, daß ein Platz in der Vorschule und einer in der Kita wohl zuviel der Betreuung für ein einziges Kind im Vorschulalter seien. Da ließen sich doch nett ein paar Plätze einsparen. Und auch geschickt die Statistik schönen.

Denn die sieht nicht rosig aus: Vor vier Jahren wurde der Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz ab 1996 beschlossen. Die Zeit verstrich, aber wenig geschah. Dafür sollen jetzt Kinder, die in zwei Einrichtungen Plätze belegen, büßen. Die Schulbehörde hat gleich 900 dreiste fünfjährige „Doppelnutzer“ entlarvt, die sie auf die Straße schicken will. Allerdings nicht ohne den großmütigen Rat: „Es bleibt den Erziehungsberechtigten natürlich unbenommen, sich zwischen den Betreuungsformen zu entscheiden.“

Ihre Rechnung hat die Schulsenatorin – zum Glück – ohne LehrerInnen, Eltern und Oppositions-PolitikerInnen gemacht. Als den „pädagogisch fatalsten Fehleingriff seit langem“, die „totale Bankrotterklärung“ und einen „nicht zu überbietenden Zynismus“ kritisierten PolitikerInnen von GAL bis CDU gestern die Behörden-Anweisung.

Die Forderung, Kita-Kinder von der Vorschule auszuschließen, ist nicht nur ein Angriff auf sozial Schwache, sondern gleichzeitig eine Diskriminierung der Hamburger Vorschulen – übrigens in dieser Form einzig in der Republik – als reine „Betreuungsanstalten.“

Da hilft es auch nichts, sich auf eine „Notsituation“ berufen zu wollen. Raabs Lösung ist keine: Bildung läßt sich nicht auf Zahlen reduzieren. Das kann man an zwei Fingern abzählen.

Heike Haarhoff

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