■ Kommentar: Marode Lösung
Tusch. Die Druckmittel, die Hamburg eigens zur Bekämpfung von Immobilien-Spekulation, Wohnungs-Leerstand und Mietwucher schuf, zeigen eine geradezu ungeheure Wirkung. Von höchster behördlicher Ebene gelang es, den – im Sanierungsgebiet genehmigungspflichtigen – Kaufpreis für eine Bruchbude im Karo-Viertel auf 570.000 Mark runterzudrücken, obwohl der profitgierige Eigentümer der LaMa-Häuser gar 570.000 Mark gefordert hatte.
Das dürfte Immobilien-Mogule so gehörig einschüchtern, daß die Rabels, Conles und wie sie alle heißen, künftig lieber gleich ihre Häuser in Schuß halten, zu fairen Preisen vermieten oder verscherbeln.
Weil die Stadt nach sechs Jahren Leerstand, nach dem Ärger mit Hausbesetzern und dem Drängen der politischen Opposition endlich für Ruhe im protestfreudigen Karo-Viertel zu sorgen, schlichtweg die Nerven verloren hat, wirft sie planerische wie sozialpolitische Grundsätze über Bord. Bestrafung wegen Zweckentfremdung von Wohnraum? Bußgelder? Zum Teufel damit. Und erst recht mit dem Baurecht und klugen Überlegungen von Sanierungsexperten. Es bedarf keines Sozialpädagogik-Studiums, um zu begreifen, daß vier Jugendwohnungen auf einem Fleck der sozialen Integration ebenso förderlich sind wie efeuberankte Häuserwände einen Innenhof zum Spielen ersetzen.
Die jetzt präsentierte „Lösung“ hätte man übrigens schon vor Jahren haben können, als die LaMa-Häuser noch nicht völlig marode waren. Dann zumindest hätten die architektonisch wie stadtteilgeschichtlich wertvollen Gebäude noch erhalten bleiben können. Heike Haarhoff
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