■ Kommentar: Das Volk dankt
Wenn der Staat seine bauherrliche Potenz verliert und sich seine öffentlichen Bauten schenken lassen muß, betritt er gefährliches Terrain. Denn Investoren, die einzigen, die für derartige Geschenke in Frage kommen, sind in der Regel der Ansicht, daß Architekten teures Zierwerk der Bauwirtschaft sind. Entsprechend abscheulich gestaltet sich alles, was nach dieser Ideologie entsteht – ein Blick nach Hammerbrook reicht zum Beweis.
Wenn dann auch noch eine gehörige Prise Eitelkeit des Gönners ins Spiel kommt, die auf die große Angst der Beschenkten trifft, jenem die Laune zu verderben, ensteht ein Gefühls- und Interessengemisch, das öffentliche Kritik fürchtet wie der Teufel das Weihwasser. Damit wird Demokratie zugunsten des hoheitlichen Prinzips ausgehebelt. Der Souverän gibt, das Volk hat zu danken.
Um wenig mehr als dieses Prinzip geht es bei dem Konflikt um die neuen Flügelbauten der Universität. Denn daß sich der kritikempfindliche Mäzen Helmut Greve jetzt noch von seinem Weg abbringen läßt, ein Haus ohne Architekten zu bauen, daran glaubt ernsthaft wohl keiner mehr. Zu weit ist die Planung fortgeschritten, zu lange wurde hinter verschlossenen Türen gewirkt, um jetzt noch eine Kehrtwende vollziehen zu können.
Vermasselt wurde die Angelegenheit zum Zeitpunkt der Schenkung. Damals hätte man Greve sanft aber bestimmt darauf hinweisen müssen, daß der öffentliche Bauherr sich nicht wie ein Privatier verhalten kann und Wettbewerb das Demokratie-Minimum ist. Jetzt aber regelt die gekränkte Seele des Stifters die Angelegenheit im Sinne des Biedermeier: Der Geber ist der Bestimmer. Till Briegleb
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