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■ KommentarRechtsfreie Straßen

Beim Streit zwischen Verkehrsverwaltung und Verkehrsausschuß des Parlaments um die Zebrastreifen geht es nur vordergründig um die Frage, wie das knappe Geld sinnvoller auszugeben ist. Hinter den Kalkulationen steht die Frage nach dem eigentlichen Sinn und Zweck der Verkehrspolitik in der Stadt. Ist diese Politik dazu da, hauptsächlich einen möglichst reibungslosen Ablauf des Autoverkehrs zu gewährleisten – oder haben auch nichtmotorisierte Verkehrsteilnehmer eine Chance?

Die CDU-Fraktion hat wahrscheinlich gar keine Ahnung, auf was für eine heiße Frage sie sich beim gemeinsamen Antrag mit der SPD eingelassen hat. Denn bisher standen Ampeln für das Konzept der autogerechten Stadt: Die Fußgänger haben sich gefälligst zu sammeln, die Autofahrer um eine kurze Lücke im Tosen des Verkehrs zu bitten und dann gemeinsam über die Straße zu huschen, ehe das Rennen wieder gestartet wird. Beim Zebrastreifen aber müssen die Autofahrer den Fuß vom Gas nehmen – und sogar für einen einzigen Fußgänger ihr tonnenschweres Gefährt auf Null herunterbremsen. Schwer vorstellbar für einen Senator, der damit prahlt, daß Berlin im nationalen Vergleich den schnellsten Autoverkehr hat.

Natürlich hat die Verkehrsverwaltung recht: An Zebrastreifen sterben mehr Menschen als an Ampeln. Aber das muß ja nicht so bleiben. Verstände Klemann sein Amt nicht nur als jemand, der die Straße für die Autos freizumachen hat, müßte er handeln. Dann müßte er jedem Autofahrer, der an einem Zebrastreifen Schulkinder gefährdet, den Führerschein um die Ohren hauen. Er müßte an jeden Zebrastreifen einen Polizisten stellen, der das Haushaltsloch mit Bußgeld auffüllt. Und er müßte eine Kampagne lostreten, um die Autofahrer daran zu erinnern, daß es Verkehrsregeln gibt, bei denen man sich nicht aussuchen kann, ob man sie befolgen will oder nicht. Klemann plant nichts dergleichen. Das aber ist ein Verhalten, das die CDU-Riege seit den Tagen von Heinrich Lummer in anderem Zusammenhang bis aufs Messer bekämpft hat: Er duldet rechtsfreie Räume. Auf offener Straße. Bernhard Pötter

Bericht Seite 23

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