■ Kommentar: Du und dein Maultier
Nachts sind alle Katzen grau. Und tags sehen alle SozialarbeiterInnen ziemlich ähnlich aus – egal, ob sie bei der Behörde arbeiten und Ulli Koch heißen oder im Dienst einer Drogenhilfeeinrichtung stehen. Das gleiche wüste Haupthaar, dieselben Jeansfabrikate, der unverwechselbare Betroffenheitsblick, die im selben Fachbereich erlernte SozPäd-Sprache.
Wohl gerade deshalb verbeißt man sich in die Unterschiede, als gelte es, die Drogenpolitik neu zu erfinden. Amtsleiter Koch redet mit den SuchthelferInnen, als wolle er ein Maultier zum Galopp animieren.
Dabei ist man sich über die Richtung im Prinzip einig: daß die Illegalität der Droge Heroin Dreh- und Angelpunkt der Schwierigkeiten und des Elends ist und daß Suchtprobleme nicht abgeschafft, sondern nur gelindert werden können – all das ist Konsens, auch wenn Herr Koch es zu erwähnen vergaß.
Schließlich, und auch das kann zuweilen politisch wichtig sein, steht man ja auf verschiedenen Seiten: Die Sozialbehörde muß im Auge behalten, daß der behördenübergreifende Waffenstillstand gewahrt bleibt. Und sie muß dem Innensenator gelegentlich signalisieren, daß man sozialpolitisch unsinnige Repressionsmaßnahmen richtig findet.
Nur die Drogenhilfe selbst bleibt stur und will partout kein Verständnis für den politisch-behördlichen Grundkonflikt zwischen „Helfen“ und „Strafen“ zeigen. Derweil scheint Amtsleiter Koch Gefallen an der Fortsetzungsgeschichte „Du und dein Maultier“ gefunden zu haben. Hauptsache man behält das letzte Wort und die Zügel in der Hand. Silke Mertins
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