■ Kommentar: Sieger unter sich
Die Zeiten der Blockkonfrontation sind vorbei, Berlin ist wieder vereint. Wenn heute morgen der US-Präsident auf dem Flughafen Tempelhof der Luftbrücke gedenkt, dann aber steht das alte West-Berlin noch einmal auf. Die Freiheit der Stadt ist damals von den drei West-Alliierten in beeindruckender Weise gesichert worden. Aber können die Ostberliner etwas dafür, daß sie damals keine Kaugummis von den US-Piloten bekamen, sondern Geiseln der Sowjetunion beim Ringen der Großmächte waren? „Pech gehabt“ gilt wohl auch noch 50 Jahre später: Sieger bleiben Sieger. Und bleiben offenbar am liebsten unter sich. Wahrscheinlich haben die US-Amerikaner und Clinton wenig Interesse, sich auf den schwierigen Prozeß des Zusammenwachsens einzulassen. Der Senat aber muß andere Interessen verfolgen. Das Luftbrücken-Jubiläum ist ein geeignetes Datum, um Ost- und Westberlinern klarzumachen, daß die Blockade zur gemeinsamen Geschichte gehört: Beide Seiten waren Opfer, die Westberliner ohne eigenes Zutun auf der Seite der Sieger. Das ist nicht passiert. Das Jubiläum schreibt die Geschichte der Trennung fort – für die Stadt eine vergebene Chance. Die Ostberliner müssen den Eindruck gewinnen, daß sie unerwünscht sind. Das geringe Interesse an den Karten ist daher kaum verwunderlich. In den letzten Jahren haben sie oft genug zu spüren bekommen, daß sie Verlierer der Geschichte sind. Das muß man sich nicht freiwillig noch mal anhören. Gerd Nowakowski
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