Kommentar zu neuen Kompetenzen für Gerichtsvollzieher: Die Devise heißt: Hinschauen
Die Initiative der Gerichtsvollzieher für eine bessere Zusammenarbeit mit den Jugendämtern sind ein Beitrag zur Sensibilisierung - nicht weniger, nicht mehr.
I n Berlin wird weggeschaut, was das Zeug hält. Einerseits ist das gut so: Grelle Lebensart und Schrulligkeiten gehen im Überangebot visueller Reize unter. In einer Hinsicht aber werden die Vorzüge der Großstadt zum fatalen Nachteil: Wenn die körperliche oder seelische Verwahrlosung von Kindern ungesehen in der Anonymität versinkt.
Es steht außer Frage, dass Jugend- und Gesundheitsämter weit besser als bisher ausgestattet werden müssten, um Gefährdungen des Kindeswohls frühzeitig erkennen und überforderte Familien besser unterstützen zu können. Aber auch die MitarbeiterInnen der Ämter, wie viele es auch sein mögen, sind darauf angewiesen, dass Menschen hinschauen. Und zwar besser einmal zu viel als einmal zu wenig. Für die betroffenen Familien mag das unangenehm sein. Aber jeder einzelne Fall körperlicher und seelischer Misshandlung, der dadurch früher entdeckt wird, wiegt dies im Zweifel auf.
Nur ein kleiner Beitrag
Es ist den GerichtsvollzieherInnen daher hoch anzurechnen, dass sie nicht nur den Kuckuck kleben, sondern sich aus eigener Initiative besser für das Erkennen von Kindeswohlgefährdung rüsten wollen. Andererseits bedeutet Armut nicht gleich Verwahrlosung, und Schulden müssen ganz sicher nicht mit Misshandlung zusammenfallen. Kindeswohlgefährdung kommt auch in Familien vor, die nie GerichtsvollzieherInnnen zu Gesicht bekommen werden. Deren Sensibilisierung kann daher nur ein kleiner Beitrag gegen die fatale Seite der Anonymität sein. Die Devise "Hinschauen" sollte in Sachen Kinderschutz für alle Menschen und alle Berufsgruppen gelten.
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