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Kommentar zu neuem Berliner BildungsstaatsekretärChance für einen Neustart

Kommentar von Christian Füller

Zöllner hat zwei Jahre nach seinem Amtsantritt in Berlin die Chance auf einen Neustart. Hoffentlich nutzt er sie.

Zöllner entlässt Staatssekretär

Bildungssenator Jürgen Zöllner (SPD) hat seinen Staatssekretär Eckart R. Schlemm in den Ruhestand entlassen. Als Nachfolgerin berief der Senat am Dienstag zum 5. Januar 2009 die Finanzexpertin Claudia Zinke (45). Sie war bisher auch als Leiterin des Büros bei Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) sowie zuletzt als Referatsleiterin der Haushaltsabteilung in der Finanzverwaltung tätig. Zöllner dankte Schlemm, der ihm Anfang 2007 aus Rheinland-Pfalz gefolgt war, für dessen Kompetenz und ausgesprochene Loyalität. Zöllner begründete den Wechsel damit, dass auch die Bildungsverwaltung künftig vor großen finanziellen Herausforderungen stehe. Unter den allgemeinen Rahmenbedingungen der Finanzkrise würden die Weichenstellungen in seinem Ressort schwieriger. Deshalb wolle er die speziellen Erfahrungen Zinkes stärker in sein Haus einbinden, so der Senator. dpa

Der 16. Dezember brachte für den Wissenssenator gleich zwei gute Nachrichten. Erstens hat er endlich seine viel diskutierte Einsteinstiftung bekommen, zweitens ist er seinen Staatsekretär Schlemm los. Zöllner hat damit zwei Jahre nach seinem Amtsantritt in Berlin die Chance auf einen Neustart. Hoffentlich nutzt er sie.

Erinnern wir uns. Jürgen E. Zöllner war wie ein Messias gefeiert worden, als er vom soliden Mainz in die sexyarme Hauptstadt zog. Nur hat der Mann mit der Fliege eben keinen Jünger Paulus mit an die Spree gebracht, sondern einen mäßig erfolgreichen Staatssekretär. Eckart Schlemm war ursprünglich ein wichtiger Baustein in Zöllners Konzept. Der hochdekorierte Beamte sollte Zöllner den Rücken von den Schulproblemen freihalten, damit sich der Professor seiner Lieblingsdisziplin widmen kann - dem Aushecken glitzernder Wissenschaftsprojekte. Beides ist schiefgelaufen.

Schlemm verhedderte sich schnell im Guerillakampf mit nervösen bis bekloppten Eltern und einer, freundlich gesagt, indolenten Lehrerschaft - den in Berlin massenhaft auftretenden Risikoschülern hat er wenig helfen können. Gleichzeitig erlitt der Chef Schiffbruch, als er die Super-Duper-Uni ausrief. Die Idee einer Supra-Uni mit Sonderzuschüssen war zwar gut, aber eben nur sie. Die Ausführung war eine Katastrophe - daran ist nicht nur der souverän-zickige FU-Präsident Dieter Lenzen schuld, der Zöllner mehrfach auflaufen ließ.

Dennoch hat der Supersenator noch nicht verloren. Jürgen Zöllner hat es fertiggebracht, in der bankrotten Hauptstadt zusätzliches Geld für die Wissenschaft lockerzumachen. Und er ist, mit seiner typischen Trial-and-Error-Methode, auf dem Weg, eine einfachere Schulstruktur durchzusetzen. Das sind die beiden wichtigsten Baustellen in der Stadt des Wissens: mehr Chancen für die ganz unten und die ganz oben.

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