Kommentar zu den Kliniken: Eine gute Marke
Es wird Zeit, die Charité als medizinische Einrichtung mit internationalem Renommee zu sehen - und nicht als Geld verschlingendes Problemgebilde.
Schlicht "Charité" soll die gemeinsame Krankenhaus-Holding heißen, die sich die Industrie-, Handels- und Handwerkskammern vorstellen. Es gelte, den Namen mit seiner Tradition und Strahlkraft zu nutzen, so die Begründung. Das lässt aufhorchen: Da wird die Charité einmal nicht als Geld verschlingendes Problemgebilde behandelt, sondern als medizinische Einrichtung mit internationalem Renommee. Zeit wirds.
Zweifelsohne gilt es bei der Charité viel aufzuräumen. Verwaltung und Standorte sind während der Teilung der Stadt aufgebläht gewesen, Überkapazitäten und Betten nur schleichend abgebaut worden. Ärzte und Forscher verdienen nicht schlecht, allen Sparmaßnahmen zum Trotz. All das kann kritisiert werden - aber die meist einseitig negativ tönende politische Diskussion erstaunt doch sehr.
Wenn ein deutsches Uniklinikum über die Grenzen seiner Stadt hinaus bekannt ist, dann ist das die Charité. Wer hier studiert hat, wird auch im Ausland beachtet. Solches Renommee ist mehr als nur ein ideeller Wert - es zieht Unternehmen an, lässt leichter Drittmittel generieren, stärkt den Wirtschaftsstandort Berlin. Die Charité ist eine Marke: Konzerne wie Sanofi-Aventis, Pfizer und Bayer-Schering sitzen auch deshalb in Berlin, weil sie die Nähe zu ihr nutzen wollen.
Das heißt nicht, dass das Unternehmen immerzu mit Samthandschuhen angefasst und verhätschelt werden muss. Zeitnahe Einschnitte bei Vivantes und Charité müssen sein, um Forschung und Versorgung zu sichern, und sie werden wehtun. Es täte dem Respekt und der Ernsthaftigkeit der Diskussion aber gut, wenn zumindest einmal benannt würde: Wir haben hier ein Pfund, und das schätzen wir auch.
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