piwik no script img

Kommentar zu SchwimmverbotLinks schwimmen verboten!

Um "extremistische" politische Äußerung zu verbieten, muss man auch in der Lage sein, solche zu erkennen. Der Strandbadpächter, der ein Schwimmverbot ausgesprochen hat, ist das offensichtlich nicht.

Pächter Dirk Michehl hat sich keinen Gefallen getan, als er einen jungen Mann aus seinem Strandbad Tegel warf, weil der ein Anti-Nazi-Shirt trug mit der Aufschrift: "Scheint die Sonne auch für Nazis? Wenns nach mir geht, tut sies nicht." Michehl sagt, er wolle "extremistische" Äußerungen unterbinden und so schlechter Presse zuvorkommen. Die hat er jetzt. Und zwar zu Recht.

Zum einen gehört schon eine gehörige Portion Ahnungslosigkeit dazu, einen solchen Spruch extremistisch zu nennen. Man braucht wohl nicht Die Ärzte zu kennen, um die Ironie dieser Zeilen zu erkennen. Und selbst wenn: Das beweist umso mehr, dass Michehls Hausregel, jede mutmaßlich "extremistische" politische Äußerung zu verbieten, falsch ist - denn er ist offensichtlich nicht in der Lage festzustellen, was "extremistisch" ist.

Zudem stellt sich der Pächter mit seiner Regel über die Meinungsfreiheit - und das ist inakzeptabel. Das Strandbad ist, selbst wenn es privat betrieben ist, ein zumindest halböffentlicher Raum, in dem jede politische Äußerung erlaubt sein muss, solange sie nicht verfassungsfeindlich ist.

Abgesehen davon ist die Idee, "extremistische" Politik aus einem Strandbad auszuschließen, absurd. Wo fängt dieses Verbot an? Sind Menschen mit bunten Haaren oder Glatzen im Strandbad Tegel auch unerwünscht? Das sind schließlich ganz eindeutig und zweifelsohne Extremisten. Zwei Dinge gehören auf jeden Fall verboten: das Schwimmen ganz links außen am Beckenrand - und das Heben des rechten Arms beim Kopfsprung.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

5 Kommentare

 / 
  • RS
    red star

    @fatalfraktal:

    ich denke der autor meint die passage mit den frisuren ironisch und möchte darauf hinweisen, dass es nicht einfach ist extremisten am äußeren zu erkennen.

  • F
    FATALFRAKTAL

    Was heißt hier eigentlich:

    "Sind Menschen mit bunten Haaren oder Glatzen im Strandbad Tegel auch unerwünscht? Das sind schließlich ganz eindeutig und zweifelsohne Extremisten." ?

    Meine Haare sind nicht bunt sondern kurz,wegen der mittlerweile von Natur aus weniger Haare und weil es geil aussieht. Ich habe auch häufiger extreme Auffassungen.

    Nur zur Sicherheit: Welche "eindeutige und zweifelsohne" extreme Meinung muss ich nun mit kurzen Haaren -sprich Glatze- vertreten?

    Da kann mit der Verfasser doch sicher weiterhelfen.

    (Nur damit keine Zweifel aufkommen: Nazis gehören auf die Müllhalde der Geschichte!)

  • F
    Faibel

    Vom vielen Sonnenbaden wird man was? Na?

    Braun! Und das ist schädlich, so sagt es jedenfalls mein Arzt.

  • AW
    Adam Wiesent

    Bin gespannt, ob der Autor auch so empört reagieren würde, wenn man jemanden Schwimmverbot erteilen würde, der ein Lonsdale oder Thor Steinar T-Shirt tragen würde.

  • DL
    Daniel L

    Herr Michehl ist offenbar Mitglied der Jungen Union (gewesen?). Interessant, was man dort als extremistisches Gedankengut bezeichnet.

     

    Siehe hier:

    http://www.ju-reinickendorf.de/downloads/juintim_nr_32.pdf