Kommentar zu Energiewende-Deals: Wenn aus Öko Kohle wird
Die CDU beugt sich allmählich dem Willen des Volkes, nicht mehr dem der Energie-Lobby. Nun geht der Kampf um milliardenschwere Ökoförderungen los.
V or einem halben Jahr wäre ein solches Papier unmöglich gewesen, in dem die CDU eine komplette Wende hin zu regenerative Energien und einen zeitnahen Atomausstieg beschließt. Zwar stehen in dem "Energiekonzept" keine Zahlen und Termine, doch das war angesichts von Ethik- und Reaktorsicherheitskommission so zu erwarten. Die CDU beugt sich allmählich dem Willen des Volkes, nicht mehr dem der Energie-Lobby.
Die Betonung liegt auf allmählich. Denn nun geht der Kampf um milliardenschwere Ökoförderungen und die künftige Macht im Energiemarkt erst richtig los. Schaut man auf die aktuellen Kräfteverhältnisse, ist abzusehen, dass sich die bisherigen Atomkonzerne bald zum Ökopaulus wandeln werden. Darin liegt ihre Chance.
Seit Rot-Grün aus der Atomkraft rauswollte, hat sich viel verändert: ein enormer technischer Fortschritt bei den regenerativen Energien, aus denen ein Industriezweig gewachsen ist, an dem Hunderttausende von Arbeitsplätzen hängen. Alle politischen Kräfte in Deutschland wollen den Umstieg. Die alten Fronten haben sich aufgelöst: In den Interessenverbänden sitzt auch die Regenerativbranche, die Atomkonzerne geraten intern unter Druck, die Energiewende nicht zu verpennen.
INGO ARZT ist Redakteur im Ökologie- und Wirtschaftsressort der taz.
Wenn die beiden Hardliner in Sachen Atomausstieg, Eon und RWE, rational handeln, dann kann sich Merkel zurücklehnen. Sie werden die Regierung kaum damit düpieren, die AKWs wieder anzufahren, die jetzt wegen des Moratoriums stillstehen. Auch mögliche Klagen gegen einen Atomausstieg mögen juristisch denkbar sein, Sinn ergeben sie nicht. Sinn macht stattdessen, öffentlich zu drohen und sich dann ein Einlenken vergolden zu lassen. Möglichkeiten gibt es genug, ohne für öffentliche Aufregung zu sorgen. Bereits geschehen: Förderung für Offshore-Windkraft erhöhen, die Lieblingsökoenergie großer Konzerne. Der Kuhhandel ist eröffnet, nur auf neuem Terrain.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Geschasste UN-Sonderberaterin
Sie weigerte sich, Israel „Genozid“ vorzuwerfen
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Mord an UnitedHealthcare-CEO in New York
Mörder-Model Mangione
Prognose zu Zielen für Verkehrswende
2030 werden vier Millionen E-Autos fehlen
Syrischer Ex-Diktator im Exil
Assads armseliger Abgang
Partei stellt Wahlprogramm vor
Linke will Lebenshaltungskosten für viele senken