Kommentar weibliche Karriereplanung: Teure Klischees
Frauen werden schon im Lehrlingsalter davon abgehalten, als ernsthafte Konkurrentinnen Männern später die gut bezahlten Jobs wegzunehmen.
Es ist schon absurd: Da sind Mädchen im Schnitt in der Schule besser als Jungs und machen die besseren Abschlüsse, und trotzdem gehen junge Frauen vermehrt in Dienstleistungsberufe als Verkäuferin, Friseurin, Hotelfachfrau oder Arzthelferin. Sie selbst erhöhen damit ihr Risiko, später wenig Geld zu verdienen. Wie kommt es zu diesen Berufsbiografien? Bei vielen Mädchen findet sich die Aussage, man wolle lieber "was mit Menschen" machen und eher nichts, was "nur mit Zahlen oder Maschinen" zu tun hat. In dieser Polarisierung steht also das Konkrete, Lebendige gegen das Abstrakte, Maschinelle - eine Unterscheidung, die oft auch mit "weiblich" und "männlich" assoziiert wird.
Diese Polarisierung selbst ist das Problem. Es ist falsch, zu fordern "Frauen in Männerberufe" oder auch "Männer in Frauenberufe". Keine Frau geht gerne in einen sogenannten Männerberuf, einfach, weil Frau nun mal kein Mann ist und in der Regel auch nicht allein unter Männern lernen will. Bei Männern in "Frauenberufen" dürfte es ähnlich sein. Diese Kampagnen müssen scheitern. Zwingend erforderlich wäre hingegen, mit den Klischees der angeblich "weiblichen" oder "männlichen" Tätigkeitsfelder aufzuräumen.
So zeigt sich beispielsweise inzwischen im Finanzsektor, dass Frauen mit Geld besser umgehen können als Männer, also im Abstrakten ziemlich begabt sind. Auch sind die vielen Sozialberufe, in denen "was mit Menschen" gemacht wird, keinesfalls warme Berufsfelder, sondern Brutstätten des Mobbings unter KollegInnen, wie Studien beweisen.
Diese Geschlechterpolarisierung erfüllt eine Funktion: Frauen werden schon im Lehrlingsalter davon abgehalten, als ernsthafte Konkurrentinnen Männern später die gut bezahlten Jobs wegzunehmen. Das aber wird die Auseinandersetzung der Zukunft.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Merz’ Anbiederung an die AfD
Das war’s mit der Brandmauer
Rechtsdrift der Union
Merz auf dem Sprung über die Brandmauer
Christian Drosten
„Je mehr Zeit vergeht, desto skeptischer werde ich“
Grünes Desaster
Der Fall Gelbhaar und die Partei
#MeToo nach Gelbhaar-Affäre
Glaubt den Frauen – immer noch
Neue Prognose für Bundestagswahl
Untenrum offen