Kommentar von Eiken Bruhnüber den Volksentscheid: Das Volk hat nichts entschieden
Denkbar knapp ging der Volksentscheid über die Verlängerung der Wahlperiode aus. 51,58 Prozent der Wähler*innen im Land Bremen haben am Sonntag dagegen gestimmt, in Zukunft alle fünf statt alle vier Jahre ihre Regierung zu wählen. Das wollten nur die Bremerhavener*innen, die mit 51,52 Prozent für eine Gesetzesänderung votierten.
Von einem eindeutigen Ergebnis kann man daher zwar nicht sprechen, aber zwei Bremer Parteien machen es trotzdem. Darüber hinaus loben sie sich dafür, das Thema im Wahlkampf totgeschwiegen zu haben. Nur die Linke hatte für eine Ablehnung der verlängerten Wahlperiode geworben, SPD, Grüne und CDU fanden, sie dürften dem Volk keine Vorgaben machen, es müsse selbst entscheiden. „Die Abstimmung zeigt, dass es richtig war, diese wichtige Frage von den Wählerinnen und Wählern selbst entscheiden zu lassen“, teilt jetzt die CDU mit. Sie begründet diese Einschätzung damit, dass das Ergebnis „eine klare Absage“ an die SPD-Forderung nach einer fünfjährigen Legislatur gewesen sei.
Ähnlich originell formulieren es die Grünen. In der Tatsache, dass etwas mehr als die Hälfte der Wähler*innen gegen die Verlängerung gestimmt hat, erkennt die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Maike Schaefer, „ein gutes Zeichen für das demokratische Selbstverständnis der Bürgerinnen und Bürger“. Das hieße im Umkehrschluss: Der anderen Hälfte, die es nicht so wild findet, noch zwölf Monate länger auf die nächste Wahl zu warten, mangelt es an demokratischem Selbstverständnis?
Vielleicht wäre es besser gewesen, sich wie die SPD gar nicht zu äußern. Oder ehrlicherweise einzugestehen, dass es nicht reicht, dem Volk großzügig eine Entscheidung zu überlassen. Wenn sie schon so gewichtig ist, wie die Parteien behaupten, dann verdient sie auch eine ernsthafte Debatte. Die aber hat es im Vorfeld nicht gegeben.
So gibt es nur ein eindeutiges Ergebnis: Diesen Volksentscheid hätte man sich sparen können.
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