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Kommentar über mehr Lidl nicht nur in Langenhorn.Vorgeführte Bezirkspolitiker

Kommentar von Amadeus Ulrich

Bei der Lidl-Genehmigung lassen sich die Bezirkspolitiker von einem Wirtschaftsunternehmen vorführen wie dressierte Affen.

D ie Lidl-Filiale in Langenhorn sollte nicht gebaut werden. Zu vieles spricht dagegen und zu viele verkehrspolitische Fragen sind nicht geklärt. Die ohnehin gefährliche Langenhorner Chaussee wäre noch unsicherer, das Wohngebiet im Käkenflur würde täglich überlaufen von Lidl-Kunden, die sich mit ihren Autos durch die engen Straßen zwängen. Und wer sagt, dass Lidl sich an all die Versprechen hält? Wer kontrolliert, ob der Konzern wirklich nur mit kleinen LKWs liefert? Und warum genehmigt man dem Konzern überhaupt, was eigentlich verboten ist?

Es stimmt nicht, dass dieser Lidl genehmigt werden muss. Man hätte dem Konzern nicht erlauben müssen, den Gehweg mit LKWs überfahren zu dürfen und über die Baugrenze zu bauen. So wären auch die möglichen Schadensersatzklagen vom Tisch, denn gegen ein faktisches Verbot der Polizei hätte Lidl vor Gericht nicht argumentieren können.

Doch stattdessen lassen sich die Bezirkspolitiker von einem Wirtschaftsunternehmen vorführen wie dressierte Affen. Der Bezirksamtsleiter Harald Rösler hat nun mit seiner Unterschrift Lidl und somit ein verkehrspolitisches Unding genehmigungsfähig gemacht. Bleibt zu hoffen, dass Rösler in den nächsten Wochen zur Vernunft kommt – und Lidl entgegen aller Erwartung doch nicht genehmigt wird.

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11 Kommentare

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  • K
    Kranz

    @Christian - auch wenn mir die Formulierung "von in völliger Erschlaffung dahindämmernden Behörden" gefällt - mit Erschlaffung hat das nichts zu tun. Die Parteien, die sich der Verwaltungen bemächtigen, sind unterdessen ebenso profitoriente Unternehmen wie zum Beispiel LIDL.

     

    So ist das Reinvermögen der SPD zB zwischen 1998 und 2008 von 125 Millionen auf 189 Millionen Euro gestiegen. Von Krise ist bei unseren Volksvertern nichts zu spüren. Wie machen die das? Sponsoring heißt das neue Zauberwort, direkte Parteienspenden sind ja gedeckelt. Beispiel: LIDL will in HH die begehrten Wohnquartiere mit Filialen zuballern. Dann bietet man eben, vielleicht auch über einen Verband oder anders getart, der SPD ein Sponsoring an, indem zB eine dafür gegründetes Schein-Unternehmen (hier nimmt gern was sozial klingendes, vielleicht was mit Kindern?) auf SPD-Veranstaltungen Infostände zu horrenden Preisen mietet. Wir erinnern uns an "Buy a Rüttgers" ... Rüttgers war ja kein Betriebsunfall, sondern ein kurzer Blick unter die Bettdecke der legal-illegalen Parteienfinanzierung. Toll für den Sponsor: Sponsoring lässt sich zu 100 Prozent von der Steuer absetzen, im Gegensatz zu direkten Parteispenden, die nur zu 50 Prozent absetzbar sind. Danke, lieber Steuerzahler, du finanzierst die Bestechung auch noch!

     

    Und schon kann die SPD von LIDL das nötige Schmiermittel einstreichen, aber legal natürlich. Das ist natürlich alles nur fiktiv - aber die SPD wird schon wissen, warum sie im Gegensatz zur Linken das Thema Sponsoring nicht transparent haben will. Und Herr Steinbrück hält währenddessen gut dotierte Vorträge bei seinen Kumpels von der Finanzindustrie...

    Leseempfehlung: "Korrupt? Wie unsere Politiker und Parteien sich bereichern - und uns verkaufen" von Mathew D. Rose.

  • J
    Joshua

    find ich doch da folgenden Kommentar auf taz.de:

    "Dass von einem Bezirksamt anderes erwartet wird, als Steigbügelhalter von Investoren zu sein, ist beim Bezirksamtsleiter (Rösler) wohl noch nicht angekommen. Zu dumm nur für ihn, dass die Initiative mit ihrem Protest das öffentliche Interesse geweckt hat und dass seine Aussagen nun für jeden zugänglich im Internet dokumentiert sind.Es ist eine bemerkenswert verbreitete Meinung, die hier wieder mal bestätigt wird: Gerade diejenigen, die etwas genauer hinschauen und sich das entsprechende Wissen aneignen, kritisieren immer wieder, dass Politik und Verwaltung gerne das Geschäft der Investoren mitspielen."(http://www.taz.de/Kommentar-Eppencity/!104240/) Nur heißt dort der Investor nicht LIDL sondern "eppencity". Ist das Rösler selber? Oder hat er seine Behörde nicht im Griff?

  • SB
    Sven Baumeister

    Das scheint soweit gediehen, dass wieder auf Biegen und Brechen eine Chance vertan wird, ein Wohngebiet sinnvoll zu entwickeln, und nicht das Gegenteil davon. Was bewegt die Bezirkspolitiker, die den Supermarkt durchdrücken, wirklich? Die richtigen Fragen sind von der Taz gestellt. Richtige bzw. ehrliche Antworten der CDU- und SPD-Politiker und des Bezirkámtleiters hätte die Öffentlichkeit verdient.

  • N
    nordlicht

    ich kann dem Vorredner nur beipflichten und möchte nicht wirklich wissen, was verantwortliche Stellen bewegt hat , um eine solche Genehmigung zu erteilen.

    Und diese Verantwortlichen sollen sich nicht hinter irgendwelchen Gesetzen, Verordnungen usw. verstecken. Denn wenn man denn gewollt hätte, wäre es gar nicht erst bis zum jetzigen Sachstand gekommen.

    Am meisten ärgert es mich, daß die vom "Wahlvieh" gewählten Politiker der SPD überhaupt nicht den Bürgerwillen aufnehmen, um LIDL zu zeigen, daß man nicht alles machen kann bzw. sich über die betroffenen Anwohnerproteste hinwegsetzt.

    Es zeigt wieder einmal:

    Der Bürger ist nur dann für die verantwortlichen Politiker der Stadt gut genug, wenn es um Wahlen geht und jede Stimme gebraucht wird.

    Dieses Beispiel LIDL am Quartier Käkenhof zeigt, daß die gewählten Vertreter abgestraft und aus ihren Ämtern entfernt werden sollten, ich gehe noch einen Schritt weiter und werde in Zukunft diesen Politikern keine Stimme mehr geben !

  • S
    stegel

    @weinberg: Es kann ganz klar ausgeschlossen werden, dass kein Bimbes geflossen ist. Vornerum oder hintenrum, woissu ?

  • BA
    Bürger aus Ohlsdorf

    Als quasi-Nachbar, der sich häufiger in der Ecke aufhält, bin ich doch recht froh, jetzt endlich einen Discounter an der Langenhorner Chaussee zu haben. Natürlich will LIDL Profit machen, dass ist in einer Marktwirtschaft so, aber das will jeder andere Kaufmann auch, wo ist das Problem.

  • RB
    Rainer B.

    Die Sache stinkt! Bin aber sicher, es wird sich am Ende nichts Konkretes nachweisen lassen.

     

    Allerdings muss niemand in Langenhorn bei Lidl einkaufen gehen. Wenn die Umsätze nicht stimmen, hat sich das schnell erledigt.

  • W
    Weinberg

    Kann ausgeschlossen werden, dass Bimbes geflossen ist?

  • R
    Ratschlag

    Ich kenne den Kiez nicht, bin aber vom Fach und stelle fest:

    Auflagen zum Betrieb einer Anlage (z.B. ausschließlich Anlieferung mit kleinen LKW) können jederzeit wieder geändert werden. Ein bestehender Supermarkt hingegen wird eher selten wieder abgerissen. Und selbst wenn die Auflagen nicht geändert werden: Ordnungswidrigkeitenverfahren aufgrund von Verstößen gegen solche Auflagen unterliegen dem Opportunitätsprinziep. Das bedeutet, die Behörde muß sie nicht verfolgen. Und wenn sie es nicht tut, muß sie das noch nicht ein mal begründen.

    Und wenn sie sich im Vorfeld schon nicht dem politischen Anwohnerdruck beugt, wird sie das später erst recht nicht tun. Das gleiche gilt für verwaltungsrechtliche Anordnungsverfahren.

     

    Wenn die Anwohner den Markt nicht wollen, müssen sie alles geben, bevor überhaupt der Bau genehmigt wird. Gelingt ihnen das nicht, können sie einpacken.

     

    Übrigens: Lidl ist ein Unternehmen. Ein oftmals fragwürdiges, aber ein rational abwägendes. Zu viel schlechte Presse wollen die nicht.

  • A
    alabaster

    Liebe taz,

    als Anwohner im Quartier um den Käkenhof beobachte ich die Debatte um LIDL im Kiez seit geraumer Zeit. Und ich bewundere die Hartnäckigkeit der Initiative gegen die Zerlidlung des Käkenflurs. Während die Bezirksverwaltung einfach nicht reagiert. Keine Stellung bezieht. Sich auf Vertraulichkeit beruft. Das öffentliche Interesse verneint. Anfragen von gewählten Politikern nicht beantwortet. Hinter verschlosenen Türen mit LIDL mauschelt. Und die regierende SPD ward politisch nicht vernommen. Duckt sich weg und stimmt dem zu was ihr Bezirksamtschef vorgibt.

    Danke an die Initiative, dass durch das Internet wenigstens das versammelte Wegducken, Versagen und die Willfährigkeit einer entweder unfähigen oder sonstwie geschmierten Verwaltung dokumentiert ist. www.zerLIDLung-käkenflur.de beschreibt ein Lehrstück für die Ursachen von Politikverdrossenheit: Ein Handelsriese kommt, droht, schüchtert ein und kauft sich Filialen gegen geltendes Recht und politische Vernunft. Auf Kosten von Lebensqualität, Verkehrsicherheit und Rechtsgleichheit. Und ein Bezirksamtsleiter Rösler,SPD spielt den Steigbügelhalter für Konzernprofite. Oder ist er am Ende gar der Meinung, er tue seiner Wählerschaft ein Gutes wenn er einen weiteren Billigheimer zur Versorgung seiner Stammwähler herbeigenehmigt? Wie herablassend und entwertend ist das denn?

    Außerdem: Werden hier Baugenehmigungen nach Geld und Potenz erteilt? Die Langenhorner Chaussee ist als Horrorstraße in aller Munde – und dennoch stimmen alle dafür? Wofür haben wir Experten wenn der Bezirksamtsleiter sie ignoriert und Unfälle herbeibescheidet? Zum Wohle des Volkes oder zum Wohle eines gefrässigen Discounter? PFUI Herr Rösler!

  • C
    Christian

    Ein weiteres Beispiel für das fatale Zusammenspiel von in völliger Erschlaffung dahindämmernden Behörden und dazu proportional maximal gierigen Unternehmen. Wie viele ähnliche Skandale bleiben eigentlich unerkannt, mauscheln sich unter der Wahrnehmungsgrenze hindurch? Auf diesen einen LIDL-Fall kommen gefühlt fünf unbekannte Fälle. Trotzdem: Danke an die taz, danke die BürgerInneninitiative, dass sie dem alltäglichen Irrsinn etwas entgegensetzen!

     

    Liebe SPD-lerInnen: Ihr seid gewählte VolksvertreterInnen - wenn ihr schon selbst den Braten nicht gerochen habt, wenn Euch Eure WählerInnen in Form von Initiativen immer noch nicht in Bewegung bringen können, dann solltet ihr ernsthaft darüber nachdenken, ob ihr den Job überhaupt noch machen könnt.