Kommentar neue Arbeitslosenzahlen: Subventionierung ohne Beispiel
Kurzarbeit ist eine beispiellose Subventionierung der Wirtschaft - man darf sich nicht daran gewöhnen.
N ach der Bundestagswahl könnte als Folge der Krise eine Entlassungswelle durchs Land rollen, hatten viele befürchtet. Die ist jetzt nicht in Sicht, die Erwerbslosenzahlen sind seitdem sogar gesunken: das ist die gute Nachricht. Doch Deutschland befindet sich noch immer in einem unfreiwilligen Großversuch. Denn was aus den über eine Million Kurzarbeitern wird, das wird auch im nächsten Jahr die zentrale Frage sein.
Im August und September bezogen rund 1,1 Millionen Beschäftigte Kurzarbeitergeld. Eine solch massenhafte Subventionierung von Arbeitsplätzen in der freien Wirtschaft ist in der Geschichte der Bundesagentur für Arbeit ohne Beispiel. Sie ist auch nicht vergleichbar mit den massenhaften ABM-Stellen, die im Osten nach der Wiedervereinigung aus dem Boden gestampft wurden.
KurzarbeiterInnen finden sich vor allem in der exportorientierten Industrie, etwa in Bayern und Baden-Württemberg. Dort klagten die Arbeitgeber vor der Krise im vergangenen Jahr laut über Fachkräftemangel. Auch deswegen wollen sie ihr Personal jetzt nicht vor die Tür setzen, zumal die Arbeitsentgelte in diesen hochautomatisierten Wirtschaftsbereichen nur einen relativ kleinen Teil der Produktionskosten ausmachen.
Barbara Dribbusch ist Inlandsredakteurin der taz.
Mit den alten ABM im Osten hat die Kurzarbeit etwas gemeinsam: In der öffentlichen Wahrnehmung wird sich die Krise dadurch weiter regionalisieren. Wenn sich der Blick aber auf das Schicksal der Kurzarbeiter in der Industrie im Südwesten Deutschlands verengt, dann wirkt die Krise eingrenzbar und weniger gefährlich. Kurzarbeiter erscheinen dann nur als eine neue Variante des allseits flexiblen Arbeitnehmers. Doch an die Kurzarbeit darf man sich nicht gewöhnen, wie das bei der Leiharbeit leider schon passiert ist.
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