Kommentar lebensmittelklarheit.de: Aigners Mogelpackung
Der Internetpranger lebensmittelklarheit.de ist in Wirklichkeit dazu da, schärfere Vorschriften für Lebensmittelproduzenten zu verhindern. Das ist "hinterfotzig".
Hinterfotzig" würde man im bayerischen Dialekt von Verbraucherministerin Ilse Aigner wohl die Strategie hinter dem Internetportal lebensmittelklarheit.de nennen. Die CSU-Politikerin finanziert die Seite offiziell, um die Industrie zu einer ehrlicheren Kennzeichnung von Nahrungsmitteln zu bringen.
In Wirklichkeit dient das Portal dazu, schärfere Vorschriften gegen Verbrauchertäuschung zu verhindern. Wenn das nicht hinterlistig - hochdeutsch für "hinterfotzig" - ist …
Dass es in Wirklichkeit um Verzögerung geht, zeigt Aigners Bilanz aus 100 Tagen lebensmittelklarheit.de. Mehrmals wurde sie gefragt, ob sie nach der Masse der Beschwerden von Konsumenten bei dem Portal über Verbraucher täuschende Produkte Gesetze ändern wolle. Jedes Mal wich die Ministerin aus.
ist Redakteur im Ressort Wirtschaft & Umwelt der taz.
Stattdessen nutzt sie das Portal, um auf Zeit zu spielen. Die Seite solle erst einmal Hinweise auf Regulierungslücken liefern, sagt Aigner. Dabei sind die Probleme seit Jahren bekannt. Dass Milch der Marke "Mark Brandenburg" oft nicht von dort, sondern aus Nordrhein-Westfalen kommt, hat der Hersteller schon Anfang des Jahres in der taz eingeräumt.
Dass "Fitnessflakes" nichts mit Fitness, aber viel mit Zucker zu tun haben, veröffentlichte die Verbraucherorganisation Foodwatch bereits im Juni 2008. Wie auch die Tatsache, dass solche Missstände mit den jetzigen Gesetzen nicht in den Griff zu bekommen sind.
Jetzt kann Aigner all das auch auf lebensmittelklarheit.de nachlesen. Doch Gesetze ändert sie immer noch nicht. Stattdessen will sie im Rahmen von "Verbraucherforschung" das Ganze wissenschaftlich untersuchen lassen. Das kann dauern. Vielleicht sollte die Ministerin einfach sagen, dass sie der Industrie strengere Regeln ersparen will - das wäre zumindest aufrichtig.
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