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Kommentar WiesenhofBrutalität zahlt sich aus

Jost Maurin
Kommentar von Jost Maurin

Der Geflügelproduzent PHW/Wiesenhof hat einen neuen Skandal. Prompt versprechen sie Besserung. Das funktioniert aber nur, wenn sich das System ändert.

V ollmundig hat Deutschlands größter Geflügelproduzent PHW/Wiesenhof "Konsequenzen" aus seinem neuesten Tierquälereiskandal versprochen. Zu groß ist der Imageschaden durch TV-Bilder, auf denen Wiesenhof-Männer Puten mit den Füßen treten und auf Lastwagen werfen. Aber Wiesenhofs Konsequenzen werden weitere Leiden von Zuchttieren kaum verhindern.

Zwar will der Konzern nun dafür sorgen, dass keiner der Tierquäler mehr in seinen Betrieben arbeitet. Doch diese Mitarbeiter sind nur ein kleiner Teil eines System, dem der Respekt vor Tieren fehlt. Auch wenn Wiesenhof jetzt ein paar Rädchen gegen andere austauscht: Die Maschine wird weiter laufen. Und für sie sind Tiere nur Produktions- und vor allem Kostenfaktoren. Genau diese Haltung ist der Grund für die Fehlentwicklungen in der modernen Massentierhaltung.

Wenn die Branche ihre Grundeinstellung zu Tieren ändern will, dann muss sie ihre Methoden reformieren. Sie muss auf hochgezüchtete Rassen verzichten, deren Brustmuskelfleisch so schnell wächst, dass das Skelett das Gewicht nicht tragen kann - was den Tieren ständig Schmerzen bereitet. Wiesenhof, Emsland Frischgeflügel und die anderen Agrarkonzerne müssen ihren Tieren endlich mehr Platz in den Ställen und Auslauf ins Freie einräumen. Die Enge in heutigen Tierfabriken setzt die Vögel unter Stress, sodass sie sich gegenseitig durch Picken verletzen.

Bild: taz

Jost Maurin ist Redakteur im Umwelt- und Wirtschaftsressort der taz.

Doch von solchen Reformen sind die Firmen weit entfernt, denn sie würden Geld kosten und Konkurrenten mit niedrigeren Tierschutzstandards nützen. Deshalb muss die Politik allen Unternehmen gleichzeitig strengere Regeln auferlegen. Bundesagrarministerin Ilse Aigner (CSU) und ihr niedersächsischer Amtskollege Gert Lindemann (CDU) haben zwar angekündigt, sich für mehr Tierschutz einzusetzen. Diese Pläne klangen gut - aber bisher blieben sie genauso folgenlos wie die Versprechen der Agrarkonzerne.

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Jost Maurin
Redakteur für Wirtschaft und Umwelt
Jahrgang 1974. Er schreibt vor allem zu Ernährungsfragen – etwa über Agrarpolitik, Gentechnik, Pestizide, Verbraucherschutz und die Lebensmittelindustrie. 2022 nominiert für den Deutschen Reporter:innen-Preis 2022 in der Kategorie Essay, 2018, 2017 und 2014 Journalistenpreis "Grüne Reportage". 2015 "Bester Zweiter" beim Deutschen Journalistenpreis. 2013 nominiert für den "Langen Atem". Bevor er zur taz kam, war er Redakteur bei der Nachrichtenagentur Reuters und Volontär bei der Süddeutschen Zeitung.

13 Kommentare

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  • S
    Sina

    Die einzig berechtigte Frage an dieser Stelle ist doch: Wieso muss der Mensch Fleisch essen?

    Weil er sich nicht beherrschen kann und nur an seinen eigenen Bauch denkt :)

  • NR
    Norbert Ranftenhuber

    Hallo Frau Seeliger,

     

    können Sie jetzt verstehen, warum man mit diesem obszönen Teil unserer Gesellschaft (Produzenten und Konsumenten) nichts mehr zu tun haben möchte?

  • A
    Alexander

    Können die armen Kunden natürlich gar nix für, diese Unschuldsengel, randvoll mit den allerbesten Absichten.

     

    Da sind natürlich ausschließlich die bösen Konzerne schuld, die bösen Kapitalisten, die bösen Lobbyisten und die ganzen mafiösen Strukturen.

     

    Dass die alle von jetzt auf gleich komplett einpacken könnten, wenn niemand mehr ihre Produkte kaufen würde, ist doch nur Propaganda von Leuten, die nix Besseres zu tun haben als einem ein schlechtes Gewissen einzureden.

  • A
    AMS

    Ich weiß nicht mehr, wer es schrieb, aber sie oder er hatte recht:

    Holt die Massentieranlagen in die Städte, mitten ins Zentrum, raus aus den Industriegebieten und verlassenen Gegenden, direkt vor die Nase des Endverbrauchers! Jeder darf hinschauen können und müssen. Und dann stellt man die Frage des "Tierkonsums" in der Bevölkerung erneut. Denn spätestens dann weiß jeder Einzelne, wovon hier eigentlich im Existenziellsten gesprochen wird.

     

    Mal ganz davon abgesehen würde ich bei Herrn Wesjohann und Konsorten anfangen: Eine solche repräsentative Anlage direkt neben dem Eigentum bringt den Glauben vielleicht ins Schwanken. Dann wars das mit der schönen Aussicht und der guten Luft.

  • M
    manolito

    Da kann ich mich nur dem Beitrag von Ilmtalkelly anschließen. Die Geld- und Profitgier der Kapitalisten kennt keine Hemmungen oder Regeln, wenn es heißt Kohle machen gehen die über Leichen egal welche Kreatur.

    Ich bin nahe dran kein Fleisch mehr zu essen, vielleicht sollten es sich alle Menschen mal überlegen, wie viel Leid wir den Tieren antun nur um billig einkaufen zu können.

  • RG
    Rosina Glose

    "Die Welt wird nicht bedroht von den Menschen, die böse sind, sondern von denen, die das Böse zulassen". (Albert Einstein)

  • V
    Viola

    Ich kann auch nur dazu sagen, das nun alles auf Wiesenhof lastet und jeder der den Bericht gesehen hat nun an der Kühltheke evtl. einen Bogen um deren Wurstauslage macht. Aber es läuft doch in anderen Betrieben, Großkonzernen nicht anders ! Als wenn dort jedes Huhn zu Tode gestreichelt wird und die Sonne sehen darf. Allein die Vorstellung das ein Huhn nur einen Monat auf dieser Welt sein darf...was sollte das in unseren Köpfen eigentlich auslösen ?!

     

    Es liegt, und das sollte und ist uns allen klar, wenn wir etwas weniger Fleisch essen würden und nicht auf diese unglaubliche Auswahl an Fleischsorten mit den absurdesten Namen (Black Puty)bestehen würden, müßten nicht diese Massen "produziert" werden.

    Das alles was anschließend an diesem Überfluss dahinter hängt, von Massen an weggeworfenen Lebensmitteln, da wir gar nicht alles essen können was produziert wird und dem ungleichen Verhältnis der Lebensmittelverteilung auf der Welt, schließt die aktuelle Situatuion in Afrika mit ein.

     

    Zurück zu Tante Emma, es gibt nur das was aktuell da ist und mehr nicht. Ist das gewünschte Lbenesmittel aufgebraucht muß man eben warten, ach wär das schön...

  • A
    alcibiades

    Kauft irgendwer noch Wiesenhof? Doch nicht ernsthaft???

     

    Die EU fördert Massentierhaltung, anstatt solchen Schweinereien einen Riegel vorzuschieben. Der Biobauer hat im Schnitt und gemessen an der Masse an Tieren hundertmal mehr Kontrollen auf seinem Hof als die Tierfabrik nebenan. Und alle nehmen vor dem Hauptgang noch den kleinen Salat mit Hähnchenbruststreifen, den Rest des Tiers will keiner essen. Von sowas kommt sowas.

  • AB
    andrea böske

    ein sehr guter kommentar mit einem bitteren nachgeschmack.solange sich das konsumverhalten der bürger nicht ändert und dieses manko die lobbyisten ausnutzen,um durch billigproduktionen haufenweise fleischangebote auf den markt zuschmeißen, wird sich nichts ändern. in der heutigen zeit gelenkt durch die politik und deren folgen, regiert das absolut billigste produkt den markt. wie kann man sich da für das tierwohl entscheiden, wenn man auch aufgrunde seiner finanziellen lage das artgerechtere produkt nicht bezahlen kann. leider regiert in den köpfen der bürger auch immer noch das antrainierte prinzip, reinstopfen was man kriegen kann,wir kriegen ja alles jederzeit nachgekauft.um so etwas wie bei wiesenhof und bestimmt nicht nur da zu unterbinden, muß das umdenken und die lethargie der menschen durch umlenken des konsumverhalten beginnen. denn nur, derjenige, der über solche bilder von wiesenhof zutiefst geschockt ist und danach bereit ist, etwas zu ändern, kann viel leid unterbinden. es liegt nun an der eu und der bundesregierung, endlich eingens erlassene richtlinien zum tierschutz zu erweitern und auch ständig zu kontrollieren. es wird überall aufgeklärt, nur die tiere und deren schutz,wenn sie schon ihr leben für uns lassen,steht hinten an.

    und an alle verbraucher in diesem lande,auch in kaufhausketten stehen tierprodukte,die man mit halbwegs gutem gewissen essen kann.ich nenne nur "aktion tierwohl",die auch nicht perfekt sind, aber auf dem richtigen wege.

  • I
    ijoe

    Das sind doch die üblichen Lügen der fanatischen "Tierschützer". Extreme Einzelfälle werden aufgebauscht, um Aufmerksamkeit & Spenden zu ergattern.

  • M
    momo

    "Brutalität zahlt sich aus" - ja, da hat die taz wohl recht, heutzutage darf jeder jugendliche Gewalttäter ungestraft andere krankenhausreif prügeln, ins Gefängnis muss er deshalb nicht, sonder bekommt einen therapeutischen Entspannungs-Luxusurlaub in Indien oder den USA geschenkt - für die Opferhilfe bleibt damit kein Geld übgrig, denn "Brutalität zahlt sich aus". Aber halt, darum geht es in diesem Artikel ja gar nicht, sondern um einen Geflügelproduzenten - und der Autor will direkt "das System" ändern.

    Rettet die Hühner, scheißt auf die Opfer - lächerlich, was die taz hier absondert, menschenverachtender, weltfremder Faschisten-Irrsinn made by taz.

     

    Ich kaufe jetzt erst mal eine Dose Wiesenhof-Brutzler, im Gegensatz zu den Doppel-Moralisten der taz ist das zumindest ehrlich.

  • FP
    Frau Pute

    Wer Respekt vor Tieren hat, isst sie nicht. In Deutschland besteht keine Notwendigkeit Tiere zu essen. Es geht um Profit und dessen Maximierung und so lange das so ist, wird sich nichts an den Zuständen ändern. Das Volk will billiges Fleisch und selbst billig ist nicht billig genug. Schuld an den katastrophalen Zuständen hat nicht allein Wiesenhof. Den größten Teil der Schuld tragen die Verbraucher. Jene, die empört vor den Fernsehern sitzen und am nächsten Tag im Discounter zum billigsten Fleisch greifen und dieses System am Leben erhalten.

  • I
    Ilmtalkelly

    Nur einer hat wirklich die Macht, solche Grausamkeiten zu beenden und das ist der Verbraucher. Aktuell sind die Politiker bloß die Erfüllungsgehilfen der gierigen Kapitalisten a`la Peter Wesjohann.