Kommentar Wahl in Dänemark: Wechsel mit Unsicherheiten
Die Dänen haben sich fürs linke Lager entschieden. Doch in der Wirtschafts- und Ausländerpolitik liegen die Koaltionspartner weit auseinander. Die Regierungsbildung wird schwierig.
D ie DänInnen wollen Veränderung. Darin waren sich alle Vorwahlanalysen der letzten Monate einig. Und so wie die Meinungsumfragen voraussagten, brachte die Parlamentswahl am Donnerstag ein Ende von zehn Jahren konservativ-rechtsliberaler Regierung. Die Sozialdemokratin Helle Thorning-Schmidt wird erste dänische Regierungschefin werden. Der Wechsel bedeutet gleichzeitig eine weitere Premiere: Erstmals werden die dänischen Linken, die „Sozialistische Volkspartei“, in Kopenhagen in einer Regierung sitzen.
Der grosse Unsicherheitsfaktor, der bis zuletzt zu einer rekordhohen Anzahl unentschiedener WählerInnen geführt hatte war die wirtschaftliche Lage des Landes. Die ist mit dunkelroten Zahlen im Staatshaushalt, einer rasch gestiegenen Arbeitslosigkeit und immer tieferen sozialen Gräben ausgesprochen düster. Was zwar zu einem Grossteil der Wirtschafts- und Sozialpolitik der bisherigen Regierung geschuldet ist und deshalb für deren Abberufung sprach. Doch gleichzeitig geniessen gerade in Krisenzeiten die Machthaber ja immer einen Bonus. Das schlug sich dann auch im unerwartet guten Abschneiden der bisherigen Regierungspartei Venstre nieder: Sie konnte leicht zulegen und wurde stärkste Partei vor den Sozialdemokraten.
Tatsächlich ist gerade die wirtschaftspolitische Alternative der neuen Linksregierung eher diffus und wiedersprüchlich, als wirklich klar. In ihrem Regierungsprogramm versprechen Sozialdemokraten und Sozialisten gleichermassen Kontinuität und Veränderung. Ein Investitionspaket und eine Reichensteuer, aber auch längere Arbeitszeiten und eine höhere Steuerbelastung für Rentner. Und irgendwie soll am Schluss ein ausgeglichenes Staatsbudget herauskommen. Wobei die sozialliberale „Radikale Venstre“, mit der man gerne eine Koalition bilden möchte und die rot-grüne „Einheitsliste“, deren Stimmen man für eine parlamentarische Mehrheit auch brauchen würde, mit weiten Teilen dieses Wirtschafts- und Steuerpakets so gar nicht einverstanden sind.
ist Skandinavien-Korrespondent der taz. Er lebt und arbeitet in Stockholm.
Die "Dänische Volkspartei“ wird ihre zentrale Rolle in der dänischen Politik verlieren. Doch daran, dass Dänemark die restriktivste Ausländerpolitik der EU hat – daran will auch Thorning-Schmidt nichts ändern: Eine Revision geltender Gesetze stehe nicht zur Debatte. Das sehen aber wiederum ihre potenziellen Koalitionspartner, die „Radikale Venstre“ und die „Einheitsliste“, ganz anders. Diese beiden Parteien konnten nicht zuletzt wegen ihrer klaren Kritik am einwanderungspolitischen Kurs der Regierung den höchsten Zuwachs bei den Wählerstimmen verbuchen. Die Suche nach einer parlamentarischen Mehrheit und das Puzzeln an einem Regierungsprogramm verspricht damit mindestens so spannend zu werden, wie die Wahl selbst.
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