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Kommentar Vierergipfel in RomVier Bigs und kein Ergebnis

Michael Braun
Kommentar von Michael Braun

Die Staatschefs von Italien, Frankreich, Deutschland und Spanien demonstrieren Einigkeit. Reizwörter und große Fragen sparen sie lieber aus.

A ls „letzte Chance“ bezeichnete Italiens Premier Mario Monti letzte Woche den am nächsten Donnerstag anstehenden Europäischen Rat – als letzte Chance, die Euro-Zone zu retten. An diesem Befund hat sich vorerst nicht geändert, denn die vorletzte Chance, der Vierergipfel in Rom am Freitag, verstrich, ohne dass es Ergebnisse gäbe, die „die Märkte“ groß beeindrucken können.

Dabei waren die vier Bigs der Euro-Zone zusammengekommen: Monti für Italien, Frankreichs Präsident Francois Hollande, die deutsche Kanzlerin Angela Merkel, Spaniens Premier Mariano Rajoy. Sie wollten Einigkeit demonstrieren, vom Schwur auf die „Unumkehrbarkeit des Euro“ bis hin zum Vorschlag eines neuen Wachstumsprogramms für Euro sowie einer Finanztransaktionssteuer. So einig waren die vier, dass ihre einleitenden Statements auf der Pressekonferenz alle mit der gleichen Schablone gemacht schienen.

Da kann man als Fortschritt feiern, dass Merkel sich zur Solidarität in der Euro-Zone bekannte (unter der Bedingung, dass die politische Union mit Souveränitätsverzicht und „Kontrolle“ der auf Hilfe angewiesenen Staaten kommt), dass Hollande im Gegenzug bereit ist, über Souveränitätsverzicht nachzudenken (unter der Bedingung, dass endlich umfassende Solidarität in der Euro-Zone Platz greift). Vielleicht gerät ja tatsächlich ein wenig Bewegung in die festgefahrenen europäischen Fronten.

MICHAEL BRAUN

ist taz-Korrespondent in Rom.

Dumm nur, dass dies den Finanzmärkten nicht reichen wird: Die werden sich weder vom Wachstumsprogramm, von der Transaktionssteuer noch von anvisierten Integrationsfortschritten beeindrucken lassen. Für sie zählt nur: Wie werden die Regierungen der Euro-Zone und die EZB reagieren, wenn in den nächsten Tagen wieder die spanischen – und in ihrem Gefolge die italienischen – Anleihen unter wachsenden Druck geraten? In eben dieser Frage hörte die nach Kräften zur Schau gestellte Einigkeit auf dem Vierergipfel auf. Seine Teilnehmer hatten zu diesem Thema schlicht nichts zu sagen.

Euro-Bonds, Euro-Bills, Rolle der EZB: Sämtliche Reizwörter blieben ausgespart und alle großen Fragen unbeantwortet. Stattdessen dürfen die Europäer sich freuen, dass vielleicht schon bald die Bankenunion kommt, in ein paar Jahren dann die Fiskalunion und die Politische Union. Ob es dann den Euro noch gibt?

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Michael Braun
Auslandskorrespondent Italien
Promovierter Politologe, 1985-1995 Wissenschaftlicher Mitarbeiter an den Unis Duisburg und Essen, seit 1996 als Journalist in Rom, seit 2000 taz-Korrespondent, daneben tätig für deutsche Rundfunkanstalten, das italienische Wochenmagazin „Internazionale“ und als Wissenschaftlicher Mitarbeiter für das Büro Rom der Friedrich-Ebert-Stiftung.

2 Kommentare

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  • CW
    Christian Wernecke

    Die Bürger werden auf dem Weg hin zu einem größeren Europa weiterhin nicht mitgenommen. Volksbefragungen und Volksentscheide sind immer noch Fremdworte für die deutsche Politik. Darum wird der Euro zurecht scheitern und mit ihm auch das europäische Projekt. Schuld daran sind diejenigen, die das alles vorangetrieben haben, ohne die Bürger nach ihrer Meinung zu fragen.

  • V
    vic

    In diesem Quartett zähle ich noch am meisten auf Hollande.

    Aber vielleicht täusche ich mich, und der taugt auch nichts.