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Kommentar US-WahlkampfRomney zeigt klare Kante

Dorothea Hahn
Kommentar von Dorothea Hahn

Paul Ryan ist als Vizepräsidentschaftskandidat der Republikaner eine ideologisch klare Positionierung. Ryan wird die Basis mobilisieren und die Mitte abschrecken.

D ie Personalentscheidung ist ein Programm. Der Vizepräsidentschaftskandidat Paul Ryan bringt alle möglichen Dinge mit, die der Obama-Herausforderer Mitt Romney nicht hat: Er ist jung, er ist katholisch, er hat sein komplettes Berufsleben in der Politik verbracht und er verfügt über Seilschaften in Washington.

Doch vor allen Dingen ist Paul Ryan ein marktradikaler Kämpfer, der sein Programm nie geändert hat. Mit ihm macht der republikanische Präsidentschaftskandidat den Schritt zu einer ideologisch klareren Positionierung.

Ryan hat einen Ruf als Hardliner, der der Tea-Party-Basis aus der wütenden Seele spricht: Ryan will die Steuern senken (auch für Spitzenverdiener), er will Sozialleistungen weiter kürzen (inklusive der Lebensmittelmarken für Bedürftige und der staatlichen Krankenversicherung für Rentner), er will die Befugnisse der Umweltbehörde einschränken, er bestreitet, dass es einen Klimawandel gibt, er ist gegen Abtreibung, gegen gleichgeschlechtliche Ehe, und er will die Militärausgaben am liebsten aufstocken.

Bild: Manfred Bartsch
Dorothea Hahn

ist USA-Korrespondentin der taz mit Sitz in Washington.

Der Wahlkampf in den USA wird mit dem Ticket Romney & Ryan spannender. Plötzlich gibt es im November eine echte politische Alternative: programmatische Unterschiede, die von der Familienplanung über die Steuer- und Militärpolitik bis hin zu Sozial-, Gesundheits- und Umweltfragen reichen. All das wird eine mobilisierende Wirkung auf die republikanische Basis haben.

Doch zugleich wird das Ticket Romney & Ryan für einen Ruck in der demokratischen Basis sorgen. Die radikalen Positionen des Vize werden viele bislang unentschiedene Wähler in der Mitte abschrecken. Das gilt insbesondere für jene Gruppen, die im Jahr 2008 den Ausschlag für den Wahlsieg von Barack Obama gegeben haben: Frauen, Afroamerikaner, Latinos und Rentner. Insofern birgt Romneys Personalentscheidung für den Mann, der auf einem Kriegsschiff zum Kandidaten gekürt wurde, ein enormes politisches Risiko für die Republikaner.

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Dorothea Hahn
Korrespondentin
Kommt aus Köln. Ihre journalistischen Stationen waren Mexiko-Stadt, Berlin, Paris, Washington und New York.
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2 Kommentare

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  • JZ
    jan z.

    Sehr korrekt analysiert! Schreibe doch mal etwas ueber die aderen zwei Parteien - "Libertarian Party" (laissez-faire kapitalistisch und lebenstiel-anarchistisch), und "Green Party" (mehr links als die BRD Gruenen und weniger hysterisch). Schaetzung fuer Wahlerfolg der "Liberatarians" 2+% und fuer die "Green Party" 1-%. Beide Parteien sind "anti-imperialistisch-isolationistisch" - und auch nicht entfernt von Lebenstielfreiheit. Aber in sozialen, umweltlichen und wirtschaftlichen Zielen stehen vollkommen auserhalb des Randes der beiden grossen Parteien.

  • T
    Tomate

    Da widerspreche ich Ihnen, Frau Hahn. Ryan würde die Mitte nur dann "abschrecken", wenn er von den US-Medien auch als Bürgerschreck aufgebaut wird. Das wird so aber nicht geschehen:

     

    Die Berufung Ryans, dieses seelenlosen Terminators aus der Wall Street, zu seinem Vize-Kandidaten bedeutet einen Kniefall Romneys vor der Wall Street und den One Percent. Und die sind es letztlich, die bestimmen, welchen Ton die mediale Berichterstattung in den USA anschlägt.

     

    Außerdem dürften diese Kräfte Romneys Wahlkampfetat jetzt erst recht um astronomische Summen aufstocken, und diese beiden Faktoren dürften den Ausschlag dafür geben, dass am Ende dann doch Romney das Rennen macht - zumal Obama für sehr viele seiner ehemals begeisterten Wähler eine der größten Enttäuschungen darstellt, die sie jemals erlitten haben.

     

    Mir scheint daraus ganz klar hervorzugehen, wen Herr Romney für die eigentlich wichtige Machtinstanz in seinem Land hält; und es dürfte nicht viele Amerikaner geben, die mir hierin widersprechen.