Kommentar US-Klimagesetz: Schwierige Aufholarbeit
Die US-Bürger wurden lange verwöhnt mit unverantwortlich niedrigen Energiekosten. Ungeduldige Kritik aus Europa kann Obama bei seiner Kurswende aber nicht gebrauchen.
Die gute Aussicht ist, dass die USA nach zwanzig verlorenen Jahren Verantwortung im Kampf gegen die Klimaerwärmung übernehmen wollen. Gegen den Widerstand von Konservativen und Demokraten hat das Klimagesetz der Obama-Administration die erste Hürde im Kongress genommen. Das ist beachtlich, denn in Zeiten der Rezession hat das Klimathema unter der US-amerikanischen Bevölkerung keine Priorität.
Das Abstimmungsergebnis für den Gesetzentwurf spiegelt dies wider. Es war derart knapp, dass es für den weiteren Prozess im US-Kongress nichts Gutes verheißt. Im Senat spielt Standortpolitik eine noch größere Rolle als im Abgeordnetenhaus. Und hier droht Obama zu scheitern. Das ist die schlechte Aussicht. Klimaschützer ringen dort mit Politikern beider Parteien, denen aus Mangel an Sachkenntnis jeder Kohlelobbyist ein X für ein U vormachen kann. Außer mit in Aussicht gestellten Wahlspenden agiert die konservative Öl- und Kohlelobby in der Öffentlichkeit mit wirkungsvollen Falschinformationen: Klimaschutz treibe die Verbraucherpreise hoch, Abgeordnete, die Klimapakete unterstützten, würden bei der nächsten Wahl vom Wähler bestraft.
Tatsächlich wurden US-Bürger zwei Jahrzehnte lang verwöhnt mit unverantwortlich niedrigen Energiekosten. Landesweit verstromen uralte Dreckschleudern billigste Kohle, ohne jede Umweltauflage. Kein noch so mildes Klimagesetz kann Abgeordneten und Bürgern versprechen, dass ihr Leben bei realen Energiekosten und dringenden Investitionen so günstig bleibt. Das ist Obamas Dilemma. Will er sein Ziel erreichen, muss er seine Parlamentarier zu Weitsicht und Mut anregen. Ungeduldige Kritik aus Europa hilft ihm da nicht. Die US-Regierung, so viel wird deutlich, hat wirklich zwanzig Jahre aufzuholen.
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