Kommentar US-Fernsehduell: Obama ist keine Friedenstaube
Das Fernsehduell zeigt einmal mehr: So groß wie viele hoffen, wird der Unterschied in der Außenpolitik zwischen Obama und Bush nicht sein.
Bettina Gaus ist Buchautorin und politische Korrespondentin der taz.
Barack Obama hat in der Fernsehdebatte mit seinem Rivalen John McCain gut abgeschnitten. Differenzierte Ergebnisse wird es erst in ein paar Tagen geben, aber nach ersten Umfragen steht fest: Obama ist nicht eingebrochen - und das ist beim Thema Außenpolitik fast schon ein Sieg. Immerhin haben hier die meisten Wählerinnen und Wähler in den USA viel größeres Vertrauen in den Veteranen McCain als in den Neuling Obama.
Einige Anhänger von Obama waren enttäuscht, dass ihr Kandidat wenig aggressiven Kampfgeist zeigte. Taktisch war das jedoch klug. Es geht bei solchen Gelegenheiten nicht darum, den Affen der Gefolgschaft mit Zucker zu versorgen, sondern unentschiedene Wähler zu gewinnen. Das gelingt nicht mit markigen Worten. Man muss es schaffen, souverän und zugleich tolerant zu wirken. Auch diese Aufgabe hat Obama gemeistert. In Hinblick auf die Wahlstrategie war sein Auftritt ein Erfolg.
Und inhaltlich? Manch deutscher Anhänger von Obama scheint zu glauben, dieser sei eine Friedenstaube, die nur aus taktischen Gründen gelegentlich wie ein Falke schreit. Das ist sentimentaler Unfug. Irgendwann einmal sollte man die Äußerungen von jemandem, der für ein wichtiges Amt kandidiert, auch ernst nehmen. Obama widerspricht der Aussage nicht, dass die USA im Irak gerade siegen. Er möchte lediglich, dass noch mehr Truppen nach Afghanistan geschickt werden, um die Terroristen zu besiegen. Einen Angriff auf die mit den USA verbündete Nuklearmacht Pakistan hat er in der Vergangenheit nicht ausgeschlossen.
Obama wünscht - ebenso wie John McCain -, dass Georgien und die Ukraine demnächst Mitglieder der Nato werden können. Beide Kandidaten glauben, dass die USA inzwischen sicherer vor terroristischen Angriffen sind als vor dem 11. September 2001. Die Einschränkung von Bürgerrechten, die mit dem Kampf gegen den Terror verbunden war, thematisiert Obama längst nicht mehr. Wer seinen Sieg wünscht, der sollte ihm zumindest zuhören. Gar so groß, wie von manchen erhofft, wird der Unterschied zu der Politik von George W. Bush nicht sein.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!