Kommentar UN-Menschenrechtsrat: Steilvorlage für Assad
Libyen ist nicht gleich Syrien. Die UN-Sondersitzung demonstrierte, dass die Menschenrechte nicht universell und unteilbar sind. Und dass Geopolitik schlicht wichtiger ist.
Vom Recht auf Leben und die Freiheit von Folter und anderer unmenschlicher Behandlung darf unter keinen Umständen ein Ausnahme gemacht werden, auch nicht in Notstandszeiten." Mit dem Zitat dieser wichtigen 4. Norm des UNO-Pakts über die zivilen und politischen Menschenrechte beginnt die Resolution zur Verurteilung Syriens, die die USA mit Unterstützung der EU-Staaten auf der Sondersitzung des UNO-Menschenrechtsrates am Freitag einbrachten.
Eine Steilvorlage für all jene Regierungen, die - aus welchen Motiven auch immer - eine Verurteilung Syriens ablehnten. Sie brauchten nur auf die zahlreichen Verstöße gegen diese Menschenrechtsnorm zu verweisen, die die USA seit den Terroranschlägen vom 11. September begingen - in Abu Ghraib, Guantánamo und anderswo.
Fazit der Sitzung: In Syrien hat ein friedlicher Demonstrant noch weniger das Recht, nicht verhaftet, gefoltert oder erschossen zu werden, als in Libyen; auch deshalb, weil der Westen nichts tut für die Menschenrechte der Palästinenser in den israelisch besetzten Gebieten oder der Insassen des US-Gefangenenlagers Guantánamo. So geriet die Sondersitzung zu Syrien seitens aller Beteiligten zu einer Demonstration, dass die Menschenrechte entgegen allen Beteuerungen eben nicht universell und unteilbar sind.
ANDREAS ZUMACH ist UN-Korrespondent der taz mit Sitz in Genf.
Das hatte bei der Sitzung des Menschenrechtsrates zu Libyen Ende Februar noch ganz anders ausgesehen. Auch weil sich Libanon, Irak, Jordanien, die Golfstaaten und die Palästinenser damals deutlich für eine Verurteilung des Gaddafi-Regimes ausgesprochen hatten. Doch diese Länder, zumeist unmittelbare Nachbarstaaten Syriens, hielten sich diesmal auffällig zurück. Nicht aus Sympathie mit dem Assad-Regime, sondern weil dessen Kollaps für die Stabilität dieser Länder viel gravierendere Auswirkungen haben könnte als der Abtritt Gaddafis.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rechtspopulistinnen in Europa
Rechts, weiblich, erfolgreich
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Landesparteitag
Grünen-Spitze will „Vermieterführerschein“
Frauen in der ukrainischen Armee
„An der Front sind wir alle gleich“
Wirkung der Russlandsanktionen
Der Rubel rollt abwärts