Kommentar Tarifeinigung öffentlicher Dienst: Der nächste Streik wird noch zäher
Öffentlicher Dienst
Bei Tarifauseinandersetzung gibt es am Ende selten einen strahlenden Sieger. Und wenn wie jetzt beim Öffentlichen Dienst gar anderthalb Jahre um einen Kompromiss gerungen wird, liegt es erst recht auf der Hand, dass sich niemand als Gewinner sehen kann. Hier haben alle kräftig verloren.
Am schlimmsten trifft es die Gewerkschaften. Positiv formuliert haben sie 755 Euro für jeden Angestellten herausgeschlagen. Allerdings brutto. Und verteilt auf zwei Jahre. Zudem hatte der Senat im Juli schon 600 der 755 Euro fest zugesagt. In den letzten vier Monaten wurden also gerade mal 155 Euro erstreikt, die in monatlichen Raten von gut 20 Euro ab Juni 2009 überwiesen werden. Das dürfte bei vielen Angestellten nicht mal die Gewerkschaftsbeiträge decken.
Aber auch der Senat hat verloren. Nicht nur, weil er von seiner harten Sparlinie abweichen musste - nach der sollte es keinen einzigen Cent zusätzlich für die Bediensteten geben. Viel schlimmer dürfte sein, dass mitten in die Tarifauseinadersetzung die weltweite Bankenkrise platzte. Die zeigte zum einen, dass zur Not jede Menge Geld in den angeblich so ausgedörrten öffentlichen Kassen zu finden ist - wenn es denn politisch gewollt ist. Zum anderen belastet das Krisenprogramm die Landeskasse zusätzlich.
So wurde nicht nur die Verhandlunsposition der Landesregierung geschwächt - auch ihr Handlungsspielraum wurde eingeschränkt. Das lässt nichts Gutes für die Zukunft erwarten. Der nächste Streik ist unausweichlich. Wenn Ende 2009 der Solidarpakt ausläuft, geht es ums Ganze.
Für die vom Streik betroffenen Bürger wäre es wünschenswert, wenn sich die Streithähne dann schneller einigen würden. Doch man kann sich schon jetzt auf das Gegenteil einstellen.
Entspanntere Tarifverhandlungen wird es erst wieder geben, wenn es tatsächlich etwas zu verteilen gibt. Davon aber ist der Berliner Landeshaushalt noch weit entfernt.
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