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Kommentar SyrienSyrisches Roulette

Andreas Fanizadeh
Kommentar von Andreas Fanizadeh

Syriens Präsident Assad geht planmäßig vor und hat mächtige Unterstützer. Die internationale Gemeinschaft zögert einzugreifen, weil Syrien mit dem Iran verbündet ist.

I n Syrien lässt das Regime von Baschar al-Assad die Opposition Stadt für Stadt niederkämpfen. Gestern Daraa, heute Baniyas, Homs oder die Vorstädte von Damaskus. Truppen der Machthaber riegeln die Städte ab und dringen mit Panzerverbänden ein. Von überall die gleichen Informationen: Scharfschützen schießen auf Männer, Frauen und Kinder.

Assads Geheimdienstschergen gehen bei ihrem Werk planmäßig vor. Mit Namenslisten potenzieller Oppositioneller ausgestattet, schlagen sie brutal zu. Staatsterror und Einschüchterung pur. Unterstützt wird das Regime von der libanesischen Hisbollah und – was viel schwerer wiegt – von Iran selbst. Deswegen zögert die internationale Staatengemeinschaft noch mehr als im Falle Libyens zu intervenieren, um dem mörderischen Assad-Clan endlich das Handwerk zu legen.

Denn wer Assad angreift, dürfte sich ab diesem Moment auch im offenen Krieg mit Iran befinden. Und Syrien sowie Iran sind militärisch und geostrategisch von ganz anderem Kaliber als Libyen mit seinen 6 Millionen Einwohnern. Syrien zählt 20 Millionen Einwohner, der Iran 80. Zudem sind die Militärapparate, auch die paramilitärischen, dort viel schwerer territorial zu lokalisieren und auszuschalten als die in Libyen.

Andreas Fanizadeh

ist Leiter des Kultur-Ressorts der taz.

Völkerrechtlich wäre das Niedermetzeln der eigenen Bevölkerung Grund genug für eine Intervention. Doch wer möchte eine Irakisierung der dortigen Situation riskieren? In Syrien müsste die Staatengemeinschaft militärisch helfen, sofern Aufständische um entsprechende Hilfe bitten und erfolgversprechende Oppositionsstrukturen existieren. Noch scheint es nicht so weit. Doch das zeigt Assads Vorgehen auch: Ein "friedlicher" Regimewechsel ist in Syrien allenfalls als Putsch denkbar.

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Andreas Fanizadeh
Ressortleitung Kultur
Andreas Fanizadeh, geb. 1963 in St.Johann i.Pg. (Österreich). Kulturpolitischer Chefkorrespondent der taz. Von Oktober 2007 bis August 2024 Leiter des Kulturressorts der taz. War von 2000 bis 2007 Auslandsredakteur von „Die Wochenzeitung“ in Zürich. Arbeitete in den 1990ern in Berlin für den ID Verlag und die Edition ID-Archiv, gab dort u.a. die Zeitschrift "Die Beute" mit heraus. Studierte in Frankfurt/M. Germanistik und Politikwissenschaften.
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2 Kommentare

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  • S
    Stefan

    Da es nicht um Israel geht werden hier die Hisbollah und Iran auch als bad guys geoutet und die Assad-Bande als Schlächte-Regime.

    Kann es sein, dass jahrelang auf den Falschen eingedroschen wurde? Es wurde unterstellt, dass Asad sofort Frieden mit Israel schließen würde, wenn die Golan-Höhen zurückgegeben würden. Der war gar nicht an Gesprächen, geschweige denn an Frieden mit Israel interessiert. Aber gegen Israel wurde Druck gefordert? (...selber mal weiter denken!)

  • HB
    Heiner Bremer

    Das hat mit dem Iran nichts zu tun. Es hat was mit Russland und China zu tun. Hauptsächlich aber mit Russland und deren wahrscheinliches Veto im Sicherheitsrat. Mal ganz abgesehen von der russischen Militärbasis dort.

    Es hat auch was damit zu tun dass der Westen hier sehr viele Flugzeuge verlieren würde. Wäre halt etwas anderes als wie sonst immer auf fast unbewaffnete Staaten drauf zu hauen.