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Kommentar Süddeutsche-VerkaufPlatzhirsch des Südens

Kommentar von Steffen Grimberg

Die gute Nachricht: Es ist keine Heuschrecke, sondern ein traditionelles Verlagshaus, dass die SZ gekauft hat. Die Schlechte: Deren andere Blätter werden wohl darunter leiden.

Bild: taz

Steffen Grimberg ist Medienexperte der taz.

Die Süddeutsche Zeitung ist nicht irgendein Blatt. Sie ist die wichtigste liberale Tageszeitung der Republik. Schon das macht ihren Verkauf an die Stuttgarter Verlagsholding SWMH zum wichtigsten Medienereignis des zu Ende gehenden Jahres. Eine neuerliche Debatte über den Einfluss sogenannter Heuschrecken-Investoren bleibt uns dabei jedoch zum Glück erspart. Denn die SZ ist nicht an eines der am Bieterverfahren beteiligten Konsortien von internationalen Finanzinvestoren gegangen. Sondern an ein traditionelles, inländisches Verlagshaus. Das ist zunächst einmal positiv.

Die Kehrseite der Medaille darf dabei aber nicht aus den Augen verloren werden: Die Medienkonzentration in Deutschland nimmt durch den Deal weiter zu. Immer mehr Zeitungen befinden sich in den Händen von immer weniger Großverlagen. Die schwäbische SWMH ist schon heute Deutschlands drittgrößtes Zeitungshaus. Mit der Übernahme der Süddeutschen Zeitung ist sie jetzt unangefochten der Platzhirsch in Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und nun auch Bayern.

Ein wahrscheinlicher Verlierer dieses Deals ist schon jetzt zu beklagen: Es ist die Stuttgarter Zeitung, die bislang in Sachen journalistischer Qualität das Aushängeschild der SWMH war. Ihre publizistische Bedeutung geht über die Region hinaus. Doch nach den heute üblichen Synergie-Prinzipien der Verlagsgewaltigen könnte sie langfristig zu einem besseren regionalen Kopfblatt geschrumpft werden und als eine Art Südwest-Lokalteil der großen Schwester enden. Das würde auch einen herben Verlust an publizistischer Vielfalt bedeuten. Diese Gefahr ist real. Denn schließlich muss das Geld für die Komplettübernahme in München ja irgendwo wieder eingefahren werden.

Die Zahl der unabhängigen Blätter, die nicht in einen größeren Medienkonzern eingebunden sind, geht durch diesen Deal noch weiter zurück. 2006 wurde die Frankfurter Rundschau mehrheitlich in die Kölner Verlagsgruppe DuMont Schauberg eingemeindet. Jetzt verschwindet ein weiterer Titel in einem undurchsichtigen Großunternehmen. Das ist ein Verlust.

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