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Kommentar Südamerika-EinigungEin Hardliner beugt sich

Kommentar von Gerhard Dilger

Das Ende der Südamerika-Krise ist ein Sieg des Völkerrechts. Er gelang auch deshalb, weil die USA nicht mit am Verhandlunsgtisch saß.

Die Beilegung der Krise zwischen Kolumbien und seinen Nachbarn Ecuador, Venezuela und Nicaragua ist ein Triumph der Diplomatie und des Völkerrechts. Auf dem Gipfel der Rio-Gruppe in Santo Domingo wurde Kolumbiens Präsident Álvaro Uribe ein wichtiges Versprechen abgerungen: Den Kampf gegen die Guerilla werde er künftig nur auf eigenem Territorium führen, gelobte er.

Dieser Durchbruch zwischen den Kontrahenten gelang auch, weil die USA nicht mit am Tisch saßen. Denn die mit Washington koordinierte Attacke der kolumbianischen Armee auf das Farc-Camp in Ecuador hatte eine neue Qualität. Durch sie wollte Washington die Regionalisierung ihrer angeblichen Antidrogen- und Antiterrorstrategie im Andenraum vorantreiben. Die Warnungen von Hugo Chávez und Rafael Correa, Kolumbien könne sich in ein "zweites Israel" verwandeln, haben einen realen Hintergrund.

In Lateinamerika hat die Bush-Doktrin der Präventivkriege gegen den Terrorismus noch nie überzeugt - unter anderem deswegen, weil die Region bereits seit Ende des 19. Jahrhundert dutzendfach ihre Erfahrungen mit US-Interventionen gesammelt hat. Die Rechtfertigungen dafür haben sich im Lauf der Jahrzehnte geändert, nicht aber die machtpolitische, unilaterale Logik dahinter. Der Subkontinent, von den linksliberal regierten Ländern Argentinien, Brasilien oder Chile bis hin zu Mexikos rechtem Präsidenten Felipe Calderón, setzt hingegen mehr denn je auf Multilateralismus und - immer noch - auf die Unverletzlichkeit der Grenzen, weltweit wie in der eigenen Region.

Die nächste, weitaus größere Herausforderung besteht in der "Regionalisierung des Friedens": Die Latinos, allen voran Brasilien, müssen ihre diplomatischen Anstrengungen vervielfachen. Chávez spielt eine Schlüsselrolle: Gelänge es dem Ölsozialisten, die Farc zur Freilassung aller Geiseln und zur Aufnahme von Friedensgesprächen zu bewegen, würde sich auch Uribe einer Verhandlungslösung kaum verschließen können - zumal sich der Hardliner innenpolitisch wie militärisch eine gute Ausgangsposition verschafft hat.

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