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So ein Unsinn ...
Es reicht also, dass die Leute Jobs haben und in einer wohlhabenderen Region wohnen und - oh Wunder - es gibt keine Integrationsprobleme. Das ist aber eine sehr verkürzte Sichtweise. Auch bei uns in Stuttgart haben Migranten oft die schlecht bezahlten Jobs. Und die Tatsache, dass das Land etwas wohlhabender ist, bedeutet nicht automatisch, dass das Geld dort ankommt, wo es gebraucht wird. Man kann es z.B. auch für völlig sinnlose Großprojekte zum Fenster hinaus scheißen. Es verhindert auch nicht automatisch das Entstehen von Ghettos wie in Berlin.
Auch als Linker muss man anerkennen, dass es in Baden-Württemberg schon immer ein breites, mittelständisch geprägtes liberales Bürgertum gegeben hat und gibt. Baden-Württemberg war - als die FDP noch sozialliberal war - das Stammland der Liberalen. Die CDU hatte bis vor wenigen Jahren hier einen sehr starken, wertkonservativen, liberalen Flügel. Sicher haben wir uns an Leuten wie Rommel oder Lothar Späth und selbst so konservativen Knochen wie Erwin Teufel abgearbeitet. Aber es waren immer auch Leute, vor denen man auch Respekt haben konnte und bei denen man wußte, dass bestimmte Werte, auch soziale Werte eine wichtige Rolle spielen.
Man muss einfach neidlos zugeben, dass die CDU-Regierungen in Baden-Württemberg und die CDU Bürgermeister in Stuttgart eine über viele Jahre bessere und effektivere Integrationspolitik gemacht haben als die zumeist SPD-geführten in Berlin. Wir haben hier in Stuttgart keine Ghettos und das ist einfach kein Zufall.
Es ist sicher richtig, die Grünen können "das Stuttgarter Erfolgsmodell nicht einfach kopieren", weil in den anderen Bundesländern vor allem die soziale Basis fehlt: das breite liberale, auch behäbige, mittelständisch gepräge Bürgertum.
Lieber Daniel Bax,
ich verstehe das Problem nicht.
Dezenter Hinweis: Um "Sozialprogramme" wie auch Bildung und Integration (sollte eigentlich das gleiche sein) umzusetzen, bedarf es sogenannter "finanzieller Mittel", die für gewöhnlich aus der realen Ökonomie stammen, falls nicht hemmungslos Schulden gemacht werden sollen.
Umgekehrt bringen diese "Investitionen" aber auch eine beträchtliche Rendite, ganz besonders im Vergleich zum "Nichtinvestieren".
Sind die Baden Württembergischen Grünen weniger "grün", soll heißen weniger sozial als die Berliner?
Weil die türkischstämmigen Stuttgarter lesen und schreiben können, sogar deutsch und auch meistens eine Berufausbildung haben, ohne die sie ihre Jobs gar nicht machen könnten?
Ratlos
P.S. Den Dönergrill in Stuttgart "üztel brützel" zu taufen, sagt doch eigentlich schon alles.
Wer nach Bayern kommt, ist schnell vollständig von Fleisch- und Wurstwaren umgeben – warum nur? Eine Abrechnung mit der bayerischen Gastronomie.
Kommentar Stuttgart: Der schwäbische Traum
Die Grünen können das Stuttgarter Erfolgsmodell nicht einfach kopieren. In anderen Städten müssen sie stärker auf Sozialpolitik setzen.
Dass in Stuttgart jetzt zum ersten Mal ein Grüner eine Landeshauptstadt regiert, wäre ohne die Stimmen der bürgerlichen Mitte wie der Einwanderer, die in der Schwabenmetropole ein gutes Viertel der Bevölkerung stellen, kaum möglich gewesen. Wie aber konnten sich beide Milieus auf den Kandidaten einer Ökopartei, die angeblichen „Multikulti-Illusionen“ nachhängt, einigen?
Wer den Erfolg von Fritz Kuhn verstehen will, sollte Muhterem Aras kennen. Als Stuttgarter Direktkandidatin erzielte sie bei den Landtagswahlen im vergangenen Jahr das beste Ergebnis für ihre Partei. Ihr 42,5-Prozent-Sieg in Stuttgart hat den Weg ihres Parteikollegen ins Rathaus quasi vorgezeichnet.
Die Biografie von Muhterem Aras sagt viel darüber aus, wie gut Integration in Deutschland funktionieren kann, wenn die Voraussetzungen stimmen: Aufgewachsen in einem anatolischen Dorf, in dem es weder fließendes Wasser noch Strom gab, kam sie erst mit zwölf Jahren ins Schwabenland, wo sie dann später als Steuerberaterin Karriere machte. Zu den Grünen kam Aras einst wegen „Multikulti“, nicht wegen der Ökologie. Heute verkörpert sie den schwäbischen Traum, dass Aufstieg durch Fleiß und eigene Anstrengung gelingen kann.
Mit „Neukölln ist überall“ führt Heinz Buschkowsky derzeit die Bestsellerlisten an. Doch seine plakative Warnung ist schlicht falsch. Denn der Berliner Bezirk ist ein Sonderfall, während Städte wie Stuttgart, München und Frankfurt am Main die bundesdeutsche Normalität spiegeln. Der Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund ist dort sogar höher als in Berlin. Aber sie haben weniger Integrationsprobleme als in der Hauptstadt – einfach weil es hier ausreichend Jobs gibt, sodass auch ehemalige Einwanderer meist gut in Lohn und Brot stehen.
Die Union hat den Anschluss an diese modernen multiethnischen Milieus in den Großstädten verloren. Nach Köln, Frankfurt und Duisburg muss sie darum jetzt auch in Stuttgart das Rathaus räumen – von den zehn größten Städten der Republik wird nur noch eine – Düsseldorf – von einem CDU-Bürgermeister regiert.
Die Grünen aber können das Stuttgarter Erfolgsmodell nicht einfach kopieren. In anderen Städten, denen es nicht so gut geht wie der Benztown im Süden, driften Einwanderer und Bürgertum viel stärker auseinander. Dort müssen die Grünen stärker auf Sozialpolitik setzen und ihrem antirassistischen Credo treu bleiben, um in beiden Milieus zu punkten.
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Kommentar von
Daniel Bax
Redakteur
Daniel Bax ist Redakteur im Parlamentsbüro der taz. Er schreibt zu bundespolitischen Themen und interessiert sich speziell für die Themen Migration, Integration und Religion, aber auch für Popkultur und globale Musik. 2015 erschien sein Buch “Angst ums Abendland” über antimuslimischen Rassismus. 2018 veröffentlichte er das Buch “Die Volksverführer. Warum Rechtspopulisten so erfolgreich sind.”
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Daniel Bax
Redakteur
Daniel Bax ist Redakteur im Parlamentsbüro der taz. Er schreibt zu bundespolitischen Themen und interessiert sich speziell für die Themen Migration, Integration und Religion, aber auch für Popkultur und globale Musik. 2015 erschien sein Buch “Angst ums Abendland” über antimuslimischen Rassismus. 2018 veröffentlichte er das Buch “Die Volksverführer. Warum Rechtspopulisten so erfolgreich sind.”