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Kommentar StudierendenzahlenPlanlose Bildungsrepublik

Anna Lehmann
Kommentar von Anna Lehmann

Damit der Run auf die Hochschulen genutzt wird, müssen diese ausreichend finanziert werden. Bund und Länder aber hinken allen Zielen hinterher.

W enn das keine Jubelmeldung ist: Die Zahl der Studierenden wächst nun schon das fünfte Jahr in Folge. Das ist erfreulich und bestätigt den Trend zu höheren Bildungsabschlüssen. Allerdings zeigen die Zahlen des Statistischen Bundesamtes auch, dass die 2008 von der Bundeskanzlerin ausgerufene Bildungsrepublik kein Selbstläufer ist. Denn damit dieser Run auf die Hochschulen genutzt wird, müssen diese auch ausreichend finanziert werden. Genau das ist derzeit nicht der Fall.

Im Gegenteil: Die Hochschulen ächzen unter dem Bewerberansturm. Seminare werden in Kasernen verlegt, neues Lehrpersonal zum Billiglohn rekrutiert, die Zugangshürden erhöht. Zwar schlossen Bund und Länder einen milliardenschweren Hochschulpakt. Bis zum Jahr 2015 sollen 275.000 Studienanfänger mehr Studienplätze finden als zehn Jahre zuvor.

Aber dabei rechneten die Politiker nur mit mehr Bewerbern aufgrund doppelter Abiturjahrgänge. Die gewachsene Studierfreude begrüßten sie rhetorisch - praktisch spielte sie bisher keine Rolle für die Planung. Deshalb gibt es jetzt, kurz vor Beginn des neuen Wintersemesters, wieder mehr Interessenten als Plätze. Und wieder werden wohl Zehntausende Studienbewerber ohne Studienplatz dastehen.

Bild: taz
Anna Lehmann

ist Bildungsredakteurin im Inlandsressort der taz.

Das ist eine unsägliche Verschwendung von Zeit und Potenzial. Wenn sie ihre Reden von der Bildungspolitik und von der Ressource Wissen ernst nehmen, dann müssen die Politiker von Bund und Ländern auch endlich mal Ernst machen. 7 Prozent vom Bruttoinlandsprodukt sollen bis 2015 in Bildung fließen. Bislang aber hängt Deutschland nicht nur den eigenen Zielen, sondern auch international hinterher. Das wird die am Dienstag erscheinende OECD-Studie "Bildung auf einen Blick" erneut bestätigen.

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Anna Lehmann
Leiterin Parlamentsbüro
Schwerpunkte SPD und Kanzleramt sowie Innenpolitik und Bildung. Leitete bis Februar 2022 gemeinschaftlich das Inlandsressort der taz und kümmerte sich um die Linkspartei. "Zur Elite bitte hier entlang: Kaderschmieden und Eliteschulen von heute" erschien 2016.
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1 Kommentar

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  • A
    Astraia

    ich bin froh, dass es in den Studienfächern einen NC gibt -- aus dem einfachen Grunde und nicht böse gemeint: all diese Studenten wollen nachher auch eine Arbeitsstelle mit ihrem Fach finden ---- wenn man immer mehr Studenten in die wenigen Fächer hineinquetscht ist das aber immer schwerer möglich ---

     

    es gibt schon haufenweise arbeitslose Biologen - ich kenn allein 3 arbeitslose Historiker....

     

    der Akademikermangel in DE ist durch ein Missverständnis entstanden - es ging um die anderen Berufe in DE, nicht um die Akademischen hier.

     

    bei unsereren Landesregierungen wurde das nicht verstanden - man will in den konventionellen Fächern einfach noch mehr reinstopfen - das gibt probleme nachher am Arbeitsmarkt.

     

    als die OECD die Akademikerquoten verglich und erwähnte DE braucht mehr Akademiker meinte sie in Wirklichkeit die anderen Berufe die in DE nicht akademisch sind aber in vielen anderen ländern.

     

    Man hätte ergo einige Berufe professionalisieren müssen, die es anderswo schon lange sind... das will und kann man hier aber immer nicht wegen dem Schulsystem und weil man von der Ausbildung so überzeugt ist.

     

    Akademisch in anderen Ländern ist was anderes als hier! Höhere Bildung ist vollkommen wertneutral und heißt nur, dass jemand nach langer Schulbildung studiert - egal was! Auch Koch! Da wird alles studiert. Das sind immer Students!

     

    das ist ein kulturelles Missverständnis gewesen.

    Unsere Kultur sieht bestimmte anspruchsvolle Berufe als akademisch , die nicht.

     

     

    letztlich war aber das gemeint damit: Die derzeitige Ausbildung in DE ist nur Sekundarstufe 2 - es ging darum, dass diese tertiär werden muss, was bedeuten würde, dass man zunächst einmal ein Abitur macht, was anderswo nunmal viel mehr machen als in DE - andere haben schon 80% voll.

     

    die Art wie DE das betreibt wird kein gutes Ende finden. Das gibt Probleme bei der Arbeitsplatzsuche. Es ging glaub ich ums andere Segment - das muss eigentlich nur tertiär werden - also nach längerer Allgemeinbildung erfolgen - mehr nicht.

     

    und in vielen Ausbildungen sitzen schon voll viele Abiturienten - in der Pflegeausbildung in manchen Gegenden bis zu 80% z.B.