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Kommentar SteuersenkungDeutschlands verlogene Sparkönige

Ulrich Schulte
Kommentar von Ulrich Schulte

Die Bundesregierung fordert brutale Einsparungen bei anderen Ländern, will aber im eigenen Land Steuern für Besserverdiener senken. Das ist unverantwortlicher Unfug.

E igentlich müssten die Spitzenleute von Union und FDP sofort einen Brief an alle rot-grünen Landesregierungen schicken. Und sich herzlich dafür bedanken, dass diese die schwarz-gelbe Steuerreform und die Kappung der Solarförderung im Bundesrat gestoppt haben. Denn beides konterkariert alle Attribute, mit denen sich Union und FDP gern schmücken. Rot-Grün rettet also, wenn man so will, Schwarz-Gelb vor zwei bemerkenswerten Inkonsequenzen.

Sowohl Union als auch FDP pflegen das Narrativ, im Gegensatz zur schuldenfixierten Linken seriös zu wirtschaften und sorgsam mit dem Staatshaushalt umzugehen. Von dieser Erzählung leben nicht nur die Europapolitik der Kanzlerin, sondern auch die Wahlkämpfe von Christian Lindner und Norbert Röttgen in Nordrhein-Westfalen. Der jetzt abgelehnte Plan, eine milliardenschwere Steuersenkung ohne Gegenfinanzierung vorzunehmen, belegt, wie verlogen beide Parteien hier agieren.

Diese Regierung zwingt Staaten wie Griechenland brutal zum Sparen, will aber im eigenen Land auf Pump Bezieher mittlerer und hoher Einkommen begünstigen. Das ist keine konsistente Politik, sondern unverantwortlicher Unfug. Zumindest solange sich Schwarz-Gelb weigert, im Gegenzug Spitzenverdiener stärker zu belasten. Gerade Lindner und Röttgen, die angeblichen Sparkönige von NRW, sollten wissen, dass ihre eigene Reform das Land jährlich 400 Millionen Euro, die Kommunen 150 Millionen kosten würde.

Anja Weber
ULRICH SCHULTE

ist Leiter des Parlamentsbüros der taz.

Ähnlich kontraproduktiv für das schwarz-gelbe Image ist es, die Solarförderung zu beschneiden. Beide Parteien nehmen für sich in Anspruch, die beste Industriepolitik zu machen. Doch die planlose Subventionskürzung hätte Tausende Jobs gefährdet. Und wer behauptet, die Energiewende voranzutreiben, darf nicht eine Zukunftsbranche schwächen. Wegen solcher Irrationalitäten haben selbst CDU-Ministerpräsidenten gegen den Plan gestimmt. Für Röttgen ist das eine neue Demütigung. Und vermutlich nicht die letzte.

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Ulrich Schulte
Leiter Parlamentsbüro
Ulrich Schulte, Jahrgang 1974, schrieb für die taz bis 2021 über Bundespolitik und Parteien. Er beschäftigte sich vor allem mit der SPD und den Grünen. Schulte arbeitete seit 2003 für die taz. Bevor er 2011 ins Parlamentsbüro wechselte, war er drei Jahre lang Chef des Inlands-Ressorts.
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8 Kommentare

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  • S
    suswe

    Also doch Deutschland als überheblicher Zuchtmeister Europas. Wird dann aber auch wieder durch seine traditionelle Doppelmoral und Großmannssucht scheitern.

  • V
    Verwalter

    Wenn doch endlich mit diesem Spargefasel-Euphemismus aufgehört werden würde, wären wir ein riesen Stück weiter. Es muss Kürzen heißen!!!! Gespart wird für später, aber hier wird nichts für später aufgehoben, sondern einfach nur gekürzt! Also bitte helft bei der Aufklärung mit! Kürzen Kürzen Kürzen Kürzen Kürzen Kürzen Kürzen Kürzen Kürzen Kürzen Kürzen Kürzen Kürzen Kürzen Kürzen Kürzen Kürzen Kürzen Kürzen

  • SB
    Siegfried Bosch

    Was für ein blödsinniger Artikel! Er geht davon aus, dass die Subventionskürzungen Arbeitsplatzabbau bewirken werden. Dabei ist das nicht unbedingt der Fall, sondern eher das Gegenteil: Weil die heimische Solarindustrie sic unter dem Subventionsdac so lange wohl gefühlt hat, hat sie international an Konkurrenzfähigkeit verloren und steht deshalb jetzt vor dem Konkurs (sofern es noch nicht dazu gekommen ist). Hier jetzt mit dem Verlust tausender Arbeitsplätze zu drohen und ihn der amtierenden Regierung zuzuschieben ist ja wohl ungeheuerlich: Diese Arbeitsplätze sind ungefähr so produktiv und sinnvoll wie griechische Beamte oder die Kohlebergleute.

  • F
    Freidenker

    Was für ein Blödsinn schon wieder. Ist es schlimm auch von der TAZ Grundrechenarten zu erwarten??? Wenn dem Staat 30 mrd Euro ungeplanter Mehreinnahmen zur Verfügung stehen, sind 6 mrd Steuersenkung 5 mal Gegenfinanziert!!!

  • LM
    Lothar Meinerzhagen

    Ihre Behauptung, "die planlose Subventionskürzung hätte Tausende Jobs gefährdet" ist absolut fehl am Platz und eine rein populistische Aussage. Fakt ist, dass die gesamte deutsche Solarindustrie nicht überlebensfähig ist. Mit diesen Subventionen rettet man keine Arbeitsplätze in Deutschland, sondern in China. Die Solarsubvention ist total kontraproduktiv!

  • T
    tinnef

    Wenn schon eine Steuersenkung, dann sollen sie die Mehrwertsteuer senken-, dann haben alle etwas davon.

  • H
    Hasso

    Es lohnt sich wirklich nicht mehr, sich über diesen regierenden Kindergarten aufzuregen. Dass die sich nicht schämen solch eine verlogene Politik zu betreiben. Man kann zum Wohle Deutschlands nur hoffen, dass dieser Dilettanten- Stadel bald aufgelöst wird.

  • H
    Helga

    Sparen bedeutet "weniger ausgeben" - mit "Sparen" hat die geplante, sehr kleine Steuersenkung gar nicht, aber auch rein gar nichts zu tun, das hat auch niemand außer ein paar linken Dumpf-Brüdern j ebehauptet, es ging einzig und allein um die Einnahmen-Seite. Sparen hat ausschließlich etwas mit der Ausgaben-Seite zu tun, das sind grundverschiedene Dinge - offenbar sind nicht einmal grundlegende wirtschaftliche Fakten bei der taz bekannt. Peinlich, ein solcher Kommentar, echt zum Fremdschämen. Linke können echt nicht rechnen - traurig, aber wahr. Aber das Geld fremder Leute mit vollen Händen ausgeben, das können die gut.