Kommentar Steinbach: Mut zur Lücke
Erika Steinbachs baldiger Rückzug aus dem CDU-Vorstand wird eine kleinere Lücke hinterlassen, als viele heute erwarten.
A ngela Merkel schätzt vage Formulierungen. Am Wochenende sagte die Kanzlerin in einem Interview: "Konservativ heißt, zu bewahren, was uns stark gemacht hat, und zu verändern, was sich heute nicht mehr bewährt." Ihre Worte passen auch auf den Bund der Vertriebenen und seine Präsidentin: Die politische Vertretung von Millionen Vertriebenen hat CDU und CSU einst stark gemacht.
Matthias Lohre ist Parlamentsredakteur der taz.
Heute lohnt es sich für die Union jedoch nicht mehr, die irrlichternden Äußerungen Erika Steinbachs zu verteidigen. Ihr baldiger Rückzug aus dem CDU-Vorstand wird eine kleinere Lücke hinterlassen, als viele heute erwarten.
Die Generation jener Menschen, die am Ende des Zweiten Weltkrieges aus ihrer Heimat gen Westen flohen, stirbt aus. Ihre Integration war eine kaum zu überschätzende Leistung der frühen Bundesrepublik. Der Einfluss ihrer selbst erklärten Vertretung, des Vertriebenenbundes, schwindet.
Weniges illustriert dies besser als der Umstand, dass selbst der Vertriebenenexperte der CSU urteilt, Steinbachs abfällige Äußerungen über den polnischen Deutschlandbeauftragten seien "denkbar unglücklich". Nun muss Steinbach sogar öffentlich einlenken und Wladyslaw Bartoszewski - mit deutlich beleidigtem Unterton - zum Gespräch einladen.
Ihre Behauptung, die Union biete Konservativen zu wenig Geborgenheit, ist falsch. Denn es hat nichts mit der Bewahrung von als gut erachteten Traditionen zu tun, wenn Steinbach mit vorwurfsvollem Zungenschlag darauf verweist, Polen habe ja bereits im Frühjahr 1939 mobilgemacht. Es ist schlicht revanchistisch. Wenn Merkels Definition des Konservativen zutrifft, dann ist die Vertriebenenpräsidentin gerade nicht konservativ. Sondern einfach nur von gestern.
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