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Kommentar StammzellenforschungKeine Angst vor dem Designer-Baby

Kommentar von Matthias Urbach

Menschliche mit tierischen Zellen zu verschmelzen kann wissenschaftlich sinnvoll sein. Unmoralisch ist diese Technik nur, wenn man meint, dass die Menschen die "Krone der Schöpfung" darstellen.

Bild: taz

MATTHIAS URBACH (41) ist Leiter von taz.de.

In Großbritannien hat das Parlament dafür votiert, dass Forscher Zellen von Menschen und Tieren verschmelzen und daraus Stammzellen gewinnen dürfen. Außerdem soll es möglich werden, sogenannte "Savior-Siblings" ("Rettungs-Zwillinge") auf die Welt zu bringen. Die Briten gehen damit einen mutigen Schritt voran. Denn menschliche mit tierischen Zellen zu verschmelzen kann wissenschaftlich sinnvoll sein. Erstens, um die Zelle an sich besser zu verstehen. Zweitens, um weniger auf Eizellspenden von Frauen angewiesen zu sein. Denn dies ist ein mühsamer Vorgang, wie oft gegen die Forschung vorgebracht wird.

Unmoralisch, wie die Gegner sagen, ist diese Technik nur, wenn man meint, dass die Menschen die "Krone der Schöpfung" darstellen und dass achtzellige "Menschen" mehr Schutz verdienen als etwa erwachsene Affen, die wie selbstverständlich für die Medizin ihr Leben lassen müssen.

Mutig ist es auch, "Savior-Siblings" zu genehmigen. Natürlich instrumentalisiert man ein Kind, wenn man es aus mehreren Embryonen so auswählt, dass es genetisch zum Geschwisterkind passt. Aber es geht schließlich um Kinder, wie sie auch zufällig zur Welt hätten kommen können. Heikel ist nur, dass man im Prinzip nach jeder Eigenschaft selektieren könnte: der Weg zum Designer-Baby ist kurz.

Es spricht für die Briten, dass sie schon Erfahrungen mit sechs solchen "Savior-Siblings" gesammelt haben, bevor das Unterhaus entschied. Und dass die Genehmigung enge Grenzen formuliert. Während sich das deutsche Parlament noch mit dem Versuch quält, Anschluss an die Forschung zu behalten, ohne sich die Finger schmutzig machen zu müssen, gehen die Briten die ethischen Fragen konkret und ohne Scheuklappen an.

Jede technische Revolution hat bisher unsere Maßstäbe verschoben. Auch Dampfmaschinen, Impfungen, künstliche Befruchtung oder der Computer sahen sich anfangs starken Widerständen ausgesetzt. Doch tradierte Maßstäbe reichen nicht immer aus: Willkommen im Jahrhundert der Lebenswissenschaften. MATTHIAS URBACH

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3 Kommentare

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  • GG
    Gerhard Gräber

    Korrektur zu meinem obigen Kommentar:

    Es muss selbstverständlich heißen: "Unterschied zwischen 'hergestellt' und 'gewachsen'".

  • GG
    Gerhard Gräber

    "Natürlich instrumentalisiert man ein Kind, wenn man es aus mehreren Embryonen so auswählt, dass es genetisch zum Geschwisterkind passt. Aber es geht schließlich um Kinder, wie sie auch zufällig zur Welt hätten kommen können."

    Wie locker hier Urbach mit der Menschenwürde umspringt, zu deren Bestimmung das Instrumentalisierungsverbot unabdingbar ist, ist schon erschreckend. Dann aber noch den entscheidenden Unterschied zwischen "hergestellt" und "gemacht" einfach so mit einem Konjunktiv hinweg zu wischen, ignoriert mit einem antiintellektuellen Gestus eine ernsthaft geführte Debatte (Vgl. Habermas, Die Zukunft der menschlichen Natur). Das ist Boulevard! Dafür lese ich keine TAZ.

  • NO
    N. Obody

    Selten einen parteiischeren und skrupelloseren Kommentar gelesen. Hab wohl die FAZ mit der TAZ verwechselt. Sorry.