Kommentar Srebrenica-Deklaration: Was in Serbien möglich ist

Als Völkermord wurde Srebrenica nicht benannt. Für die einen zu viel, für die anderen zu wenig: Mit Versöhnung hat das politische Theater in Belgrad allerdings recht wenig zu tun.

Wenn man die Srebrenica-Deklaration des serbischen Parlaments als einen Test für den Umgang mit der eigenen Vergangenheit betrachtet, dann muss man fragen: Hat Serbien diesen Test bestanden?

Die Antwort lautet: Ja, aber nur teilweise, zumal das Votum für die Deklaration nur sehr knapp ausfiel. Die Demokratische Partei (DS) von Staatspräsident Boris Tadic, als Seniorpartner in der Regierung, hat erreicht, was in Serbien derzeit möglich ist: eine halbherzige Entschuldigung, mehr nicht. Es fehlt die glaubwürdige Reue, die das monströse Verbrechen zumindest als solches benennt, auch wenn es dieses nicht explizit als das bezeichnet, was es war, nämlich Völkermord.

Die Erklärung reicht gerade aus, damit sich Serbien nicht selbst aus dem europäischen Wertekonsens ausschließt: Die Srebrenica-Deklaration, so wie sie gestaltet und im Parlament verabschiedet worden ist, wird die europäischen Integrationsprozesse des Landes nicht beschleunigen, aber auch nicht belasten.

Zur Vergangenheitsbewältigung in Serbien selbst trägt diese durch faule Kompromisse erreichte Erklärung dagegen wenig bei. Man hat zaghaft ein paar Steine aus dem Weg geräumt, aber die dicken Brocken liegen lassen. Keine Rede ist von einer institutionellen, systematischen Aufarbeitung der Geschichte, es gibt keine Medienkampagne, keinen entsprechend gestalteten Schulunterricht.

Die politischen Kräfte, die während der Balkankriege in den 1990er-Jahren in Serbien an der Macht und verantwortlich für die serbische Soldateska waren, sind de facto rehabilitiert worden. Die von Milosevic gegründete Sozialistische Partei Serbiens (SPS) ist heute Koalitionspartner in der proeuropäischen Regierung Serbiens. Milosevic Mediensprecher ist heute Serbiens Innenminister. Die Srebrenica-Deklaration war für die einen zu viel, für die anderen viel zu wenig. Mit Versöhnung hat das politische Theater in Belgrad allerdings recht wenig zu tun.

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