Kommentar Springer und N24: Er hat einen Plan
Springer ist der einzige Konzern, der nicht nur über die Print-Krise lamentiert, sondern tatsächlich Strategien entwickelt. Mögen muss man sie nicht.
A xel Springer will N24 kaufen – und die Anleger jubeln. Wieder einmal. Um mehr als ein Drittel hat die Aktie der Axel Springer SE in diesem Jahr zugelegt. Ein alter westdeutscher Zeitungsverlag lässt die Börsianer tanzen. Man muss kein Marktgläubiger sein, um das in Zeiten von Auflagenschwund und Anzeigenrückgang erstaunlich zu finden.
Man stelle sich vor, alle deutschen Großverlage wären an der Börse gelistet, es würde wohl keinen zweiten Konzern geben, dessen Wert auch nur minimal stieg. Gruner + Jahr mit seinen neugegründeten „Communities of Interest“? Funke mit den Zukäufen aus Anzeigenblättern, Regionalzeitungen und Frauenzeitschriften? Süddeutsche, Handelsblatt, FAZ und Zeit, weil sie eine „Quality Alliance“ gegründet haben? Dass sind alles nur Reaktionen auf die Printkrise. Das sind keine Versprechen auf die Zukunft.
Springer ist der einzige Konzern, der ein Versprechen auf die Zukunft gibt: Weg vom bedruckten Papier, weg vom tiefergehenden Qualitätsjournalismus, hin zu allem, was digital ist – und somit auf diversen Kanälen verbreitet werden kann. Regionalzeitungen und diverse Zeitschriften raus, in- und ausländische Onlineportale rein. Den Weg zum digitalen Mischkonzern beschreitet Springer-Chef Mathias Döpfner nicht erst seit diesem Jahr, aber er hat seinen Schritt zuletzt deutlich beschleunigt.
Diese Strategie muss man nicht mögen, die immer wiederkehrende Rhetorik von der „Stärkung des Qualitätsjournalismus“ ist heuchlerisch und abstoßend, und vieles, was bei Springer passiert, ist nur bedingt im Sinne der journalistisch tätigen Mitarbeiter.
Doch immerhin: Springer hat einen Plan – und der wird von denen, die ihn auf seine Zukunftsträchtigkeit abklopfen sollen, auch noch für gut befunden. Die meisten Verlage in Deutschland wären schon mit Schritt eins zufrieden: endlich einen Plan zu haben.
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