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Kommentar Schwarz-Grün in HamburgHaltbare Arbeitsteilung

Kommentar von Marco Carini

CDU und Grüne wissen: Wenn Schwarz-Grün zur neuen Option im Fünfparteiensystem werden soll, müssen beide Parteien gestärkt aus dem Hamburger Modell hervorgehen.

Bewährungsprobe bestanden. Mit der Wahl von Ole von Beust zum Hamburger Bürgermeister hat die erste schwarz-grüne Koalition auf Länderebene ihre Geschäfte aufgenommen. Und vieles spricht dafür, dass das Zweckbündnis der einstigen Erzfeinde reibungsloser funktionieren wird als die meisten rot-grünen Bündnisse. Denn die Hamburger Koalition etabliert ein neues Kooperationsmodell: Arbeitsteilung statt Schnittmenge.

Koalitionen zwischen SPD und Grünen fußten in Zeiten des Lagerwahlkampfs stets darauf, dass der Fundus politischer Gemeinsamkeiten ausreichend groß war und beide Parteien ihre Stimmen aus verwandten Wählergruppen rekrutierten: Hier rot-grün, dort schwarz-gelb. Doch genau diese Schnittmenge von Themen und potenziellen Wählern etablierte eine Konkurrenz zwischen den Partnern. Fast alle rot-grünen Koalitionen weisen dasselbe Muster auf. Die SPD behandelte den grünen Juniorpartner wie eine unartige Schwester, die es zu erziehen gilt; als politischen Widersacher, dessen Themen besetzt und dessen Wähler wieder zurückgeführt werden müssen in den sozialdemokratischen Mutterschoß. Die Folge: machtpolitischer Dauerzwist zwischen den rot-grünen Koalitionären, die eher gegeneinander als gemeinsam agierten - gefangen im Dauerwahlkampf.

Ganz anders die Voraussetzungen der schwarz-grünen Zweckheirat an der Alster: CDU und Grüne schielen nicht nach denselben Wählern, die thematische Schnittmenge ist begrenzt. Hier geht es um Arbeitsteilung: Die CDU behält den Hut auf in den Bereichen, derentwegen sie gewählt wird: Wirtschaft und innere Sicherheit. Die GAL darf sich bei ihren Leib-und-Magen-Themen profilieren - Ökologie, soziale Stadtentwicklung und Bildung. Und beide Partner wissen: Wollen sie im Fünfparteiensystem Schwarz-Grün als neue Option etablieren, müssen beide Parteien gestärkt aus dem Hamburger Modell hervorgehen. Es geht nicht darum, sich gegenseitig Stimmen abzujagen, sondern darum, die SPD auf Distanz zu halten. Gute Voraussetzungen für eine Koalition, deren Haltbarkeit von erstaunlicher Dauer sein könnte.

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Hamburg-Redakteur
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3 Kommentare

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  • WH
    Wolfgang Hörner

    So? Es gibt eine Arbeitsteilung? Wo denn? Die GAL hat doch ins Wahlprogramm hineingeschrieben, daß sie die Studiengebühr abschaffen wollte. Was ist daraus geworden? Auch in der Schule geht die Selektion weiter!

    Warum hat denn Frau Hajduk, nicht nur in der taz, in der Woche vor der Wahl gelogen, daß die Schwarten krachen, nämlich indem sie sagte, daß eine Koaltion nur mit der SPD ginge - mit der CDU ginge nichts. Und auf den Wahlplakaten war zu lesen: "Rot-grün" nur mit einer starken GAL!

    Der Kommentar hat nur einen Sinn: nämlich eine Akzeptanz für "schwarz-grün" zu finden, sonst nichts.

  • S
    Stephan

    Vielleicht eine haltbare Koalition, aber bestimmt keine haltbaren Wahlergebnisse für beide Partner. Denn so sehr wir an 'Arbeitsteilung' gewöhnt sind, so wenig ist es uns egal was in der anderen Hälfte passiert: Schön für die Grünen Wähler, dass ihre Leute in relativer Ruhe Bildungs- und Umweltpolitik machen können. Aber ihnen ist die CDU Innen- und Sicherheitspolitik (inklusive nächtlicher Abschiebungen) deshalb noch nicht egal! Und schön für die CDU Wähler, dass ihre Leute in Ruhe Wirtschafts- und Innenpolitik machen können. Aber ihnen ist moch lange nicht egal, dass ihre Kinder jetzt länger mit den Schmuddelkindern lernen müssen.

  • EH
    el hakim

    schwarz-grün bleibt verrat...ich kann nur kotzen