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Kommentar Sarkozy im WahlkampfIn Marine Le Pens offene Arme

Rudolf Balmer
Kommentar von Rudolf Balmer

Zu viele Ausländer in Frankreich? Schengen ist schuld. Solche Sprüche Sarkozys entzücken das nationalstolze Herz, haben aber mit den politischen Realitäten wenig zu tun.

Man kann die Immigrationskontrolle nicht in den Händen von Technokraten und Richtern lassen.“ Mit solchen Statements ist am Sonntag der französische Präsident Nicolas Sarkozy noch ein paar Schritte weiter nach rechts gegangen. Es fehlt nicht mehr viel, und er fällt Marine Le Pen von der Front National in die Arme.

So weit wird’s nicht kommen, die beiden sind ja Konkurrenten, und das erklärt zu einem großen Teil diese Anbiederungsversuche des Kandidaten der konservativen Regierungspartei UMP bei einer Wählerschaft, die eigentlich mehr mit der Kandidatin der extremen Rechten sympathisiert. Der Noch-Präsident bietet sich diesen Franzosen und Französinnen als gleichwertigen Ersatz an. Er sagt ihnen und er sagt der Front National, es gäbe zu viele Ausländer im Land. Schuld daran aber sei nicht etwa seine Regierung, sondern das Schengen-Abkommen. Die europäischen Nachbarn werden sich bedanken für den impliziten Vorwurf, sie seien nachlässig in den Kontrollen, und für Sarkozys Idee, die „schwarzen Schafe“ im Schengen-Raum müssten bestraft werden.

Vor heimischen Publikum, immerhin rund 50.000 aus ganz Frankreich zusammengetrommelten Fans, spielte Sarkozy den starken Mann, der Europa und den Großmächten mit einem Ultimatum droht. Wenn Schengen nicht schleunigst seinen Wünschen angepasst wird, dann steige Frankreich aus, und wenn die EU in der von ihm festgelegten Frist nicht die Vorzugsbehandlung der europäischen Produkte (European Buy Act) einführe, werde er das im französischen Alleingang machen. Solche Sprüche entzücken das nationalstolze Herz seiner Anhänger, haben aber mit den politischen Realitäten wenig zu tun.

Bild: taz
RUDOLF BALMER

ist Frankreich-Korrespondent der taz mit Sitz in Paris.

Apropos: Sagt jetzt Angela Merkel immer noch, sie unterstütze ihren Nicolas in jeder Hinsicht? Sie hatte zusammen mit anderen konservativen Regierungschefs gegen den Sozialisten Hollande Stellung bezogen, weil dieser den neuen Fiskalpakt nicht umstoßen, sondern bloß ergänzen möchte. Und jetzt kommt Sarkozy, der am liebsten gleich vier europäische Abkommen ändern will. Verstehe Frankreich, wer will.

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Rudolf Balmer
Auslandskorrespondent Frankreich
Frankreich-Korrespondent der taz seit 2009, schreibt aus Paris über Politik, Wirtschaft, Umweltfragen und Gesellschaft. Gelegentlich auch für „Die Presse“ (Wien) und die „Neue Zürcher Zeitung“.
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12 Kommentare

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  • D
    DIETER

    Frankreich ist aufgrund Schengen ein Land mit riesiger afrikanischer Einwanderung - sagen hier die Forum-Telnehmer.

     

    Waren Sie mal in LONDON ? UK ist nicht SCHENGEN und London ist fast schon afrikanisch - also an Schengen kann es nicht liegen.

     

    Ein anderes Beispiel: reisen Sie mal in Frankfurt-Flughafen ein: in weniger als 1 Minute sind Sie bei der Passkontrolle durch - versuchen Sie das mal in MADRID oder LISSABON: mehr Kontrolle, mehr Beschränkungen etc.

    Also, auch hier klappt das Argument SCHENGEN nicht.

  • R
    rachid

    I'm French and originaly from North Africa, my grandfather came to France to fight against the Nazi occuption (many French don't know that only 34% of the France Army was from Europe), at this time nobody asked my grandfather about his color of skin or religion... and by the way his lost his leg in Alsace.

    I didn't wait for M Sarkozy to call me a foreigner and I moved to Canada(Quebec) because I was expecting that will happen.The Europe including Germany never allowed a minority to exist with equals rights so it seems right what he is doing in his compaign.

  • J
    Jacob

    Ach! Was waren das für Zeiten, da ich noch alles glaubte, was ich hörte.

  • D
    Dschugasch

    Ich mache seit über 30 Jahren regelmäßig Urlaub in Frankreich, bin auch öfters beruflich in einem Pariser Vorort. Tatsache ist, dass in vielen französischen Städten eine Verslummung und Ghettoisierung stattgefunden hat. Hauptsächlich Menschen aus Nord- und Zentralfrika ballen sich in gewissen Stadtteilen massiv und haben, wie bei uns da und dort die Türken, eine weitgehend eigene, autarke Infrastruktur. Kinderbetreuung und Ganztagesschule können dieses Auseinanderdriften offenbar nicht verhindern.

  • BU
    Biedermann und geistiger Brandstifter

    Und wenn dann wieder tatsächliche oder vermeintliche "Ausländer" angegriffen, zusammengeschlagen oder sogar umgebracht werden, Brandanschläge auf Gotteshäuser verübt und "Sicherheits"gesetze auf Kosten aller verschärft werden - dann werden Sarkozy und Co. jede Verantwortung weit, weit von sich weisen ...

  • C
    Carsten

    NATÜRLICH haben illegale Einwanderung und Kriminalität mit Schengen zu tun, womit denn sonst?! Aber wenn man im sanierten Jugendstilaltbau im Rotweingürtel lebt, kriegt man das natürlich nicht mit.

  • H
    Hafize

    @Angsthase

    Ich war auch mal in Marseille und ein Bekannter von mir war in New York und traff dort einen Indianer, der meinte es gebe zuviele Ausländer in den USA. Recht hat er, aber was bedeutet das? Nicht viel.

     

     

    Sarkozy ist für ein unglaublicher Flop. Von seinen Versprechungen ist nichts geblieben und nun macht er einen auf Lepen/Rechtsextrem. Dabei bringt es ihm wohl nichts, denn die haben eine andere Stelle auf dem Wahlzettel. Vielleicht will er auch selber Hollande, immerhin Jaques Chirac hat ihm seine Stimme bereits öffentlich versprochen.

  • P
    Philippe

    sehr gug Artikel!

    im frankreich haben wir auch genug von dieses

    Man und es dauert nur noch eine Paar Wochen.

    ich mag sehr viel Deustchland.

    bitte blieben wir gute Freunde.

    vielen Dank

    Wunche Ihn einen schönen Tag

    Philippe

  • A
    André

    Adieu Sarkozy ... kann ich nur sagen. Seine Sprüche bauen Marine Le Pen so auf, dass sie sich selber bald noch weiter rechts positionieren muss, damit jemand sie noch unterscheiden kann.

     

    Ich denke, dass Sarkozy denkt, er kann auf diesem Wege doch noch gewinnen. Das wird aber nicht klappen, sondern im Grunde genommen mobilisiert er jetzt schon Franzosen für Francois Hollande, weil diese extrem rechten Sprüche plus seine schwache Bilanz die konservativen Wähler in die Aparthie schicken.

     

    Die Front National hingegen profitiert von solchen Texten, denn Sarkozy bestätigt ihren Inhalt und ihre Bedeutung - das ist Legitimation vom Präsidenten der Republik. Dass Sarkozy wie ein hechelnder Hund hinter den Wählern her rennt, könnte schnell vergeßen sein. Vielleicht wendet sich der Mainstream der Fanzosen mit einer deutlichen Wahl von Hollande gegen diesen Rechtsruck.

  • A
    Angsthase

    "Zu viele Ausländer in Frankreich? Schengen ist schuld. Solche Sprüche Sarkozys entzücken das nationalstolze Herz, haben aber mit den politischen Realitäten wenig zu tun."

     

     

    War der Autor jemals in Marsaille? Man kommt sich dort vor wie in einem Mahgreb-Staat. Eine richtiger Franzose muss sich dort vorkommen wie im Ausland.

    Wenn wir nicht aufpassen passiert hier das gleiche.

    Eine Vorahnung gaben die verstörenden Bilder des Aufmarsches tausender Moslems neulich in Berlin.

  • B
    bull

    ... der Europa und den anderen Grossmächten...

    Wirklich Klasse.Dieser Typ ist ja dumm wie Bohnenstroh.Seit wann gehört den Frankreich nicht zu Europa und den anderen Grossmächten?Oder hat es dieser völlige Nichtsnutz geschafft Frankreich in ein 3.Welt Land zu verwandeln?Zuzutrauen ist es dieser Flasche.

  • C
    Celsus

    Da dachte ich doch noch fast, es wären Merkels offene Arme, in die er da läuft. Wie steht denn jetzt die gute Frau Merkel zu ihm nach der neueren Entwicklung? Oder sieht die CDU-Vorsitzende den Wahlkampf nur als Zeitpunkt für eien taktische Meinungswahl?

     

    Immer mehr frage ich mich, wie die CDU bei einer solchen Einstellung ablehnend gegenüber Volksentscheiden auf Budnesebene sein kann.