Kommentar Saarland: Die Sozialdemokratie fehlt im Vertrag
Gut verhandelt, SPD! Doch die frühe Festlegung auf eine Koalition mit der CDU hat dazu geführt, dass sozialdemokratische Kernforderungen gar keine Rolle spielten.
D ie SPD im Saarland hat in den Koalitionsverhandlungen mit der CDU das Maximale herausgeholt. Mehr war als Juniorpartner nicht drin. SPD-Chef Heiko Maas wird mit dem Superministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Arbeit belohnt, seine Partei besetzt die Hälfte der sechs Ministerien. Und sogar der Mindestlohn als Herzensangelegenheit der Sozialdemokraten wurde in den Koalitionsvertrag aufgenommen.
Doch so richtig überzeugt die SPD damit nicht. Das liegt nicht nur daran, dass die Koalitionäre die Schulden des Saarlandes durch ein hartes Spardiktat und weniger durch höhere Einnahmen abbauen wollen. Bei genauerem Hinsehen wirkt vieles, was jetzt ausgehandelt wurde, wie ein fauler Kompromiss. Besonders die Formel zum Mindestlohn. Während die SPD vor der Wahl eine Bundesratsinitiative zum gesetzlichen Mindestlohn wollte, heißt es nun, man wolle sich einer Verbesserung des Status Quo nicht in den Weg stellen. Mögliche Initiativen werden auf eine kommende Bundesregierung verlagert, aus dem Saarland wird dann höchstens reagiert, nicht agiert.
Auch der Verzicht auf das Sozialministerium dürfte viele Sozialdemokraten schmerzen. Zum Thema Leiharbeit, einem zentralen Wahlkampfthema der SPD, haben sich Vertreter beider Parteien bisher nicht geäußert.
ist Inlandskorrespondent der taz.
Dass der Koalitionsvertrag keine deutlichere sozialdemokratische Handschrift trägt, liegt an der alternativlosen Situation, in der die SPD auf eine starke CDU angewiesen ist. Und diese Situation ist selbstverschuldet. Die Entscheidung, sich vor der Wahl in der Hoffnung, stärkste Kraft zu werden, auf die CDU festzulegen, war ein Fehler. Das wurde bereits durch die Wahlniederlage deutlich und verbaut der SPD nun Handlungsspielraum.
Maas hätte Ministerpräsident einer rot-roten Koalition werden können. Er hätte dieses aufgrund taktischer und personeller Querelen schwierige Bündnis dann ja nicht eingehen müssen, aber allein durch die Option wäre er in einer besseren Verhandlungsposition gewesen – egal, ob mit der CDU oder der Linken. So hätte er mehr sozialdemokratische Forderungen durchzusetzen können.
Vielleicht hätte die SPD ohne diese frühe Festlegung ihre Wähler besser mobilisieren können und sogar die Landtagswahl gewonnen. Nun ist die SPD eben Juniorpartner „auf Augenhöhe“: Das war ihr offensichtlich wichtiger als sozialdemokratische Kernforderungen durchzusetzen.
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