Kommentar SPD: Wenn der Glaube fehlt
Die SPD glaubt nicht an sich und ihre Erfolge aus elf Regierungsjahren. Und deshalb lässt sie sich von Nebensachen wie Ypsilanti, Linksdebatte und Ullas Autoklau aus dem Konzept bringen.
I mmer, wenn es so richtig losgehen sollte mit dem SPD-Wahlkampf, kam etwas dazwischen. Das ist so, seit Franz Müntefering und Frank-Walter Steinmeier im vorigen Herbst den glücklosen Kurt Beck vertrieben und Rettung fürs Wahljahr 2009 versprachen.
Ralph Bollmann ist Leiter des Parlamentsbüros der taz
Erst stolperte Andrea Ypsilanti. Dann waren die Wähler nicht willig, sich über die Führungsschwäche der Kanzlerin oder den Adelstitel des neuen Wirtschaftsministers zu erregen. Schließlich verpuffte die Vorstellung des Schattenkabinetts am Donnerstag, weil der Gesundheitsministerin zuvor der Dienstwagen abhanden kam.
Zufall ist das nicht mehr. Sondern die Folge fehlenden Selbstbewusstseins, mit dem die SPD die von ihr befürchteten Niederlagen erst produziert. Dass Steinmeier selbst im Streit um Ulla Schmidt keine klare Entscheidung für oder gegen die Ministerin fällte, ist dafür nur das jüngste Symptom. Es begann schon, als sich die Partei die Debatte über die Linkspartei aufnötigen ließ.
Das Verhalten in der Causa Schmidt ist so unentschieden wie die ganze Wahlkampfstrategie. Die SPD hat in elf Regierungsjahren viel geleistet, auch in der großen Koalition. Im Amt des Vizekanzlers sehen viele Wähler lieber Steinmeier als den FDP-Chef Guido Westerwelle. Wer Merkel als beliebte Mitte-Kanzlerin behalten will, sollte im September tunlichst SPD wählen.
Das alles wagte Steinmeier aber bislang nicht zu äußern. Weil er seine eigenen Reformen nicht mehr für populär hielt. Weil er sich nicht mit der FDP auf eine Stufe stellen wollte. Weil er glaubte, dass man für eine große Koalition keinen Wahlkampf machen kann.
Das nun vorgestellte Kompetenzteam deutet, wie zuvor schon die Berufung des stellvertretenden Regierungssprechers zum Berater, auf einen Sinneswandel hin. Die Minister des schwarz-roten Kabinetts als einzige Prominenz, daneben viele unbekannte Namen: Das signalisiert, dass das Wahlziel in Wahrheit Kontinuität ist - und dass die Jungen wie die Frauen nur den Retrolook der Doppelspitze kompensieren sollen.
Mit dem Versuch, sich von der eigenen Regierungsarbeit abzusetzen, ist die SPD gescheitert. Jetzt folgt sie der Logik des kleineren Übels, die in der Partei eine große Tradition hat - und die sie, zum eigenen Schaden, oft schlechtgeredet hat. Dabei kann aus einer großen Koalition der Weg langfristig durchaus zu neuen Koalitionsoptionen führen. Klaus Wowereit hat es in Berlin einst vorgemacht.
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