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Kommentar SPD-ParteitagKein Wunder, nirgends

Stefan Reinecke
Kommentar von Stefan Reinecke

Steinmeier wirkt in der Rolle des Angreifers fehlbesetzt. Und der Fall Opel zeigt: Der Tanker SPD kann nicht einfach so einen neuen Kurs einschlagen.

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Stefan Reinecke
Korrespondent Parlamentsbüro
Stefan Reinecke arbeitet im Parlamentsbüro der taz mit den Schwerpunkten SPD und Linkspartei.

8 Kommentare

 / 
  • DB
    Dietmar Brach

    Wen wundert’s?

    Da macht man sich auf dem Parteitag für mehr Frauen in Führungspositionen stark und möchte gleichzeitig die Kanzlerin durch einen Kanzler ersetzen. Man fordert einen Mindestlohn, lobt aber die Agenda 2010 die Menschen zur Arbeit für einen Euro zwingt.

    Man dankt den Menschen, die sich in den Archen um die Bedürftigen kümmern und beklagt zugleich den Umstand das dies überhaupt notwendig ist. Dabei übersieht man, dass eben diese SPD und ihre Agenda 2010 diese Notwendigkeit verursacht hat.

    Auffallend an diesem Parteitag: Ständig werden große Sozialdemokraten zitiert: Angefangen von Brandt über Bahr und Eppler bis hin zu Regine Hildebrandt. Dies lässt vermuten dass den heutigen Protagonisten die Gabe für große und wahre Worte fehlt.

    Steinmeier benutzt in seiner Rede Vergleiche die er aus einer Talkshow mit Angela Merkel geklaut hat (Wer bin ich und wenn ja wieviele) oder bemüht die Ricola Werbung (”Wer hats erfunden?”) Dabei vergisst er aber einiges was die SPD auch erfunden hat: Bedarfsgemeinschaften, Arbeitsgelegenheiten, Eingliederungsvereinbarungen und Ortsanwesenheitspflicht

    Schwarz - Gelb vermeiden so das Ziel der Genossen, die jetzt mit Schwarz regieren und nach der Wahl gerne mit Gelb regieren möchten.

    Das traurigste für mich an diesem Parteitag: Ein Parteiprogramm der Sozialdemokraten das einstimmig verabschiedet wird. Sicher, einige haben solch eine Einheitspartei 20 Jahre vermisst, aber mir wird schon ein bißchen bang vor solch einer gleichgeschalteten Partei. Nicht einmal die Jusos trauen sich zu sagen, wie verlogen dies alles ist. Damit sinkt meine Hoffnung auf eine baldige Genesung der Sozialdemokratie. Eigentlich schade.

    Oder um es mit Steinmeier zu sagen:

    Schwarz-gelb auf lange Sicht - auch gegen den Willen einer linken Mehrheit in der Bevölkerung - Wer hat sichs ausgedacht? Wer hat’s durchgesetzt? Die SPD!

  • A
    Amos

    Gegen eine CDU/FDP- Regierung gibt es nur eine Alternative, nämlich, die, dass sich SPD, Grüne und

    Linke zusammen schließen. Werden sie das nicht tun,

    wird der Sozialstaat nur noch als "Fragment" übrig

    bleiben. Geht die SPD ihren bisherigen Weg weiter,

    wird sie demnächst nur noch ein Zünglein an der Waage sein. Hätte Schröder nicht nur die "Systemgeschädigten" gekreuzigt, sondern auch dem

    Kasino-Kapitalismus nicht freien Lauf gelassen stände die Republik jetzt besser da.Natürlich führt Merkel mit der FDP diesen Kurs fort, und das

    Geld versucht man dann bei denen einzusparen die

    ohnehin schon nichts mehr haben. Die Merkel kennt

    das ja aus ihrem Werdegang: Nach oben ducken und nach unten treten.

  • M
    Max

    In Bayern liegt die SPD bei der Europawahl bei 12,7 %!

    Und die Genossen? Schweigen

  • S
    Spartakus

    Die eigentlich spannende Frage ist doch, warum die alten Stammwähler, die die HartzIV-Lüge durchschaut haben, nicht alle geschlossen die Linkspartei wählen. Abscheu vor der SED-Nachfolgepartei oder Aufklärungsdefizit ?

  • G
    Graureiher

    SPD - Eine Partei sucht eine Basis

    Folgt man Robert Misik, so ist für die SPD nach unten noch viel Spielraum. Er sieht die Anzahl derer, die noch Grund haben, die SPD zu wählen, in der Größenordnung der 5-Prozentklausel. Da mag was dran sein; Politkarrieristen und Parteibuchbeamte mögen die SPD gerade noch im Parlament halten. Die Masse der traditionellen SPD-Wähler wendet sich zunehmend angewidert ab.

    Der Versuch der SPD, im Wahlkampf künstliche Gegensätze zur CDU aufzubauen, nach dem Motto: die CDU für die Spekulanten, wir für die Arbeitnehmer, ist lächerlich. Es war nun mal die SPD, die den "Finanzstandort Deutschland" zu einem zentralen Punkt ihrer Politik machte (sprich: den Heuschrecken Tür und Tor öffnete), es war der SPD-Finanzminister, der der Pleitebank HRE dutzende Milliarden zuschob, ohne jede staatliche Kontrolle und ohne jeden Einfluss. Und es war die SPD, die den Opel-Arbeitern die Aussicht auf ein Leben mit Hartz IV bescherte!

    Ein Arbeiterführer Steinmeier ist eine genauso lächerliche Fehlbesetzung wie der selbsternannte Arbeiterführer Rüttgers. Und er kann im Wahlkampf, bis auf wenige Ausnahmen wie diesem Blatt, auch nicht mehr mit der Unterstützung der neoliberalen Kamppresse rechnen. Und ohne diese ist er lediglich ein aufgeblasenes Nichts!

  • K
    Katev

    Eine guter Kommentar von Herrn Reinecke. Aber ich glaube, das Führungsgespann der SPD will gar nicht wirklich siegen. Es gibt momentan keine relevante Figur, die das Steuer des Tankers herumreissen will. Die Stones und Münte sowie deren Vertrauten stehen ideologisch und gesellschaftlich eher im liberalen Milieu. Müntefering kann zwar noch ein paar klassisch staatsinterventionistische Impulse abrufen, aber das nimmt man ihm aus diversen Gründen nicht mehr ab. Steinmeier will das Wort Vermögenssteuer gar nicht in den Mund nehmen. Letztlich sind sie überzeugte Agenda-Anhänger und machen nur auf sozial, weil ansonsten die Basis murrt und die absehbar dahinschmelzende Fraktion mit den Hufen scharrt. Die SPD-Spitze kann ja auch rechnen und weiß, dass nicht mehr viel zu holen ist. Sie kennt auch die Gründe dafür: das ist nicht nur Opel, das ist die Agenda und alles, was dafür steht. Ich glaube, die SPD-Spitze fühlt sich dieser Politik stärker verbunden als einer Renaissance sozialer Poltitk, die die gesamte Partei so verkrampft zu inszenieren versucht. Sonst wäre das Linksbündnis längstens ein Thema.

  • A
    anke

    Wunder lassen sich nicht planen, das ist wohl wahr. Vor allem jedoch lassen sie sich nicht erzwingen. Und eine Garantie gibt es auch nicht darauf. Gegen diese schlichten Wahrheiten helfen weder laute Kritiker-Kritiken noch die Ausrufung eines Sündenbocks.

     

    Die Kommentare zum SPD-Verhalten im Fall Opel mögen Stefan Reinecke größtenteils tendenziös und unsachlich erscheinen. Fest steht allerdings, dass sie (auf) eine SPD-Führung treffen, die trotz immer schlechter werdender Wahlergebnisse nicht einmal ansatzweise an sich selbst und ihrer Macht zu zweifeln bereit ist. Nein, es liegt nicht an der Person (und schon gar nicht an der Persönlichkeit) Frank-Walter Steinmeiers, dass die SPD aus ihrem angeblichen "Formtief" nicht herausfindet. Der Außenminister ist nicht der falsche Mann zur richtigen Zeit. So wenig, wie Angele Merkel die richtige Frau ist. Dass die SPD keinen Boden unter die Füße bekommt, hat sie allein denen zu verdanken, die mit zunehmender Gewalt ihr schon länger nicht mehrt vorhandenes Gesicht wahren wollen.

     

    Die SPD braucht kein Wunder. Im gegenteil. Sie braucht mehr Realitätssinn. Einen schlechten Ruf wird man nicht einfach dadurch wieder los, dass man die Rufer für dumm und/oder bösartig und sich selbst zum Opfer erklärt. Der "Klientelismus", den die SPD in den letzten Jahren betrieben hat, war alles andere als sozial und er hat offenbar mehr (gefühlte und tatsächliche) Verlierer produziert, als er (dankbare) Sieger erzeugt hat. Es würde der SPD also nicht einmal helfen, würden sämtliche Sieger der letzten 15 Jahre ihr Kreuz hinter ihrem Kürzel malen. Dass akkute Verlierer massenhaft diejenigen wählen, die sie für ihr Scheitern verantwortlich machen, wäre tatsächlich nicht weniger als das: ein Wunder. Und Wunder geschehen offenbar nur der CDU. Das mag ungerecht sein, aber darum geht es im Falle von Wundern wahrscheinlich nicht.

  • D
    Dieter

    In einem Punkt gebe ich Stefan Reinecke absolut recht: Der SPD wird nicht geholfen werden - die sind am Ende mit ihren Strategien und Taktiken.

    Aber zu den Ursachen gehört immer noch die soziale Schieflage namens Hartz-IV - ein Riesenflop verkauft als Superreform und vollkommen neue Arbeitsmarktpolitik.

    Die SPD hat nicht das richtige sozial-politische Profil, um ihre müden Wähler zu wecken. Sie könnten auch Arbeitern und Gewerkschaftsmitteln direkt Geld schenken - es nützt nichts mehr. Die, die sowieso SPD wählen, wählen, die keinen Bock mehr auf den Kurs dieser un-sozial wirkenden Partei wählen nicht mehr oder nicht mehr SPD.

    Ich denke, dass die SPD jetzt ihre eingeschlagene Strategie weiterführen wird, schon alleine, weil sie gar nicht weiß, was sie anders machen könnte. Die Dramaturgie ist längst fertig geschrieben und es wird am Ende auf einen Tiefschlag hinauslaufen.

    Dass sich Müntefering, Wasserhövel, Steinmeier und Steinbrück da retten können, bezweifele ich. Ich vermute eher, dass die kritische Masse dann selbst bei dieser tristen Partei erreicht ist und dass dann eine neue Politik formuliert wird.

    Bei Beck hatte es ja ziemlich schlappe und ungelenke Versuche gegeben, eine neue zu-sich-selbst-findende SPD wieder zu erwecken. Das scheiterte an der maßlosen Arroganz des Rechten Flügels, der immer wieder wiederholt, es sei nur noch eine Minute bis zur nächsten Aufholphase der SPD und eine Mitte-Rechts-Strategie werde die Partei bald wieder über die 30-Prozent-Hürde heben. Das ist bislang aber nicht geschehen, sondern die Partei schafft gar nichts mehr.

    In Bayern ist sie schon unter 19,4 Prozent und in vielen neuen Bundesländern sogar darunter.

    Das kann also keine Richtung sein, die zum Erfolg führt und entsprechend flau ist das Gefühl, wenn die Scheinwerfer abgestellt und die bestellte Jubelmenge wieder abgereist ist.

    Die SPD hat doch sowieso die Basis-Haftung gänzlich verloren. Im Dialog mit einfachen Menschen wird Steinmeier keine zwei Minuten durchhalten. Die fragen nach Hartz-IV, Kurnaz oder nach der Rente mit 67 - und sind schwer genervt von der bornierten Riege von Schlaubergern und unverbesserlichen Ministern.

    Deswegen wird Steinmeier weiter als Medien-Minister umherirren und versuchen so zu tun, als hätte er eine Chance Kanzler zu werden ...