Kommentar SPD-Parteiausschluss: Clement hat sich entschieden
Der Ex-Wirtschaftsminister und Hartz-Haupttäter wird aus der SPD ausgeschlossen - und bekommt so die Quittung für seine Illoyalität gegenüber seiner Partei.
Die NRW-Schiedskommission der SPD hat mit dem Rauswurf von Wolfgang Clement eine konsequente Entscheidung gefällt. Clement hat beharrlich die Loyalität gegenüber seiner Partei missachtet. Dass er wenige Tage vor der Hessen-Wahl indirekt davon abriet, die SPD zu wählen, hat der Partei schweren Schaden zugefügt. Damit sind die rechtlichen Voraussetzungen für seinen Ausschluss gegeben.
Die jetzige, vielstimmige Kritik an dem Entscheid der NRW-Schiedskommission kann die zum Ausschluss führenden Fakten nicht leugnen, plädiert aber für eine mildere Strafe: die Parteirüge. Sie war auch von dem Schiedsgericht des Bochumer Unterbezirks, also der ersten Instanz, ausgesprochen worden. Für Milde zu plädieren, klingt nach weiser Mäßigung und Toleranz. Tatsächlich aber verkennt ein solches Plädoyer das politische Vorgehen von Wolfgang Clement. Nur als Nochmitglied der SPD kann er seine Position als Verfechter der Interessen des Energiekonzerns RWE als innerparteiliche Auseinandersetzung, als Ringen um den rechten sozialdemokratischen Weg verkaufen, kann er die Legitimität des innerparteilichen politischen Streits einfordern. Als Ausgeschlossener ist er dieser Maske beraubt.
Einige SPD-Parteigrößen fordern jetzt, bei der Beurteilung von Clement dessen "Lebensleistung" zu honorieren. Welche Lebensleistung? Etwa eine Karriere, die sich ausschließlich der SPD verdankt? Einer Partei, die Clement zu ruinieren half, um ihr dann auch noch in den Rücken zu fallen? Clement ist kein Nonkonformist, der gegen den Strom schwimmend die wohlverstandenen Interessen der SPD verteidigt. Er hat jetzt nur klargemacht, wo seine Interessen schon immer lagen.
Dass das Bundesschiedsgericht der Partei der Entscheidung des NRW-Gremiums folgen wird, ist unwahrscheinlich. Besser, es bei einer Parteirüge zu belassen und Clement "einzubinden". Denn er gehört schließlich zu den Haupttätern der Hartz-Reformen. Deren Werk aber soll bei aller Reparaturbedürftigkeit im Ganzen positiv eingeschätzt werden. So die Kompromissformel der SPD-Führung. Aber gegenüber Clement wird sie nicht greifen. Denn der hat seine Wahl längst getroffen und seine Loyalität jenseits der SPD justiert.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
CDU-Chef Friedrich Merz
Friedrich der Mittelgroße
Soziologische Wahlforschung
Wie schwarz werden die grünen Milieus?
Jugend im Wahlkampf
Schluss mit dem Generationengelaber!
Wahlentscheidung
Mit dem Wahl-O-Mat auf Weltrettung
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Russland und USA beharren auf Kriegsschuld des Westens